Der Blog zur
Ausstellung im
Jüdischen Museum
Hohenems
www.jm-hohenems.at

So 15. April 2012

In welchem Monat heiraten die meisten Juden? Wollte nur fragen, weil der jüdische Hochzeitskuchen im Cafe so hart war.

Egon

  • Lieber Egon,

    Es gibt im orthodoxen Judentum keine besonderen Heiratsmonate, jedoch Zeiten zu denen nicht geheiratet wird: während den Trauerperioden (zum Beispiel in den sieben Wochen zwischen Pessach und Schawuot), am Schabbat und an den meisten Festtagen. Nur selten wird zwischen Rosch HaSchana (dem jüdischen Neujahr) und Jom Kippur geheiratet. Diese 10 Tage werden von vielen als Moment der ernsten Besinnung angesehen, was keinesfalls zur Ausgelassenheit einer Hochzeit passt. Traditionell ist der Dienstag als Wochentag beliebt, denn über diesen Tag heisst es in der Bibel gleich zwei Mal, “dass es gut war”.

    Nun zur Frage, warum der Kuchen so hart war – Pessach war dieses Jahr vom 6.-14. April 2012, Schawuot wird vom 26.-28. Mai 2012 sein, das heisst im Moment wird eher weniger geheiratet – der Kuchen scheint das wohl zu spüren…

    Melissa Dettling, Dienstag, 17. April 2012

Sa 14. April 2012

Ich habe von koscheren Windeln gehört – was macht Windeln koscher?

Martin

  • Lieber Martin,

    Laut meinen Internetrecherchen gibt es zwar wirklich koschere Windeln zu kaufen (siehe zum Beispiel auf: http://www.allinkosher.com/p-34767-fitti-mega-with-wetness-indicators-diapers-size-4-52-pc.aspx), was sie jedoch genau als koscher auszeichnet, konnte ich auch nicht herausfinden. Ich nehme an, dass wie bei koscheren Lebensmitteln deren Produktion von einem Rabbiner überwacht wird, der ihnen dann anschliessend das Koscher-Siegel verleiht.

    Melissa Dettling, Dienstag, 17. April 2012

  • Lieber Martin, liebe Melissa,
    mir fallen ein paar Möglichkeiten ein, die eine Windel im religiösen (!) Sinn “unrein” machen könnten. Die erste hängt mit Schatnez, dem biblischen Verbot, Wolle und Leinen in einem Gewebe zu mischen, zusammen. Könnte ja sein, dass in heutigen Wegwerf-Windeln verschiedene Gewebe vermischt werden. Die andere Möglichkeiten beziehen sich lediglich auf den Schabbat: Für manche Orthodoxe wird es problematisch, wenn sich – wie bei manchen Windelerzeugnissen üblich – ein Streifen verfärbt. Eine dritte Variante des Anstoßes wäre aus dem Verbot, am Schabbat zu nähen, ableitbar. Orthodoxe Rabbiner argumentieren, dass mit “Nähen” jede Art von Verbindung zweier Dinge, also auch Kleben, Anhaften, etc. gemeint ist, es werden jedoch Verbindungen ausgenommen, die nur für kurze Zeit halten sollen. Klettverschlüsse auf Windeln sind dafür ein gutes Beispiel.

    Hannes Sulzenbacher, Dienstag, 17. April 2012

Mi 11. April 2012

Warum hat “Gott” sich unter allen Völkern dem jüdischen Volk besonders zugewendet?

Roland

  • Lieber Roland,
    als Museum, und das heißt als Wissenschaftler, können wir diese Frage so leider nicht beantworten. Über G’tt können wir nichts sagen, allenfalls über Menschen und ihre Motive und Vorstellungen.
    Über die Entstehung des Monotheismus gibt es die verschiedensten Theorien, von Wilhelm Schmidts “Der Ursprung der Gottesidee” bis zu Sigmund Freuds “Der Mann Moses”, von Jan Assmann (“Die mosaische Unterscheidung”) bis zu Jean Soler (“L’invention du monothéisme”).
    Die Entwicklung des hebräischen Gottesbildes von der eher traditionellen Vorstellung eines Volksgottes, der noch in Konkurrenz zu anderen Göttern steht, hin zum universellen Schöpfergott hat sich über Jahrhunderte und in vielen Widersprüchen vollzogen. So entstand das Bild eines Gottes, der die Gesetze schafft und damit zugleich in einem besonderen Vertragsverhältnis mit jenen steht, die seine Existenz als erste postulierten, der zugleich aber universell für alle Menschen da ist.
    Die so oft und höchst unterschiedlich formulierte und missverstandene Vorstellung von “Auserwähltheit” bedeutete so eher eine Bürde als ein Privileg. Nämlich die sich selbst auferlegte Verpflichtung einer besonderen Verantwortung und Rechenschaft, an der man immer wieder nur scheitern kann. Und die zugleich das eigene Handeln immer auch als relevant für die anderen erscheinen lässt.
    Bis vor 2000 Jahren hat diese Vorstellung vor allem die Juden selbst immer wieder durcheinandergebracht und gequält, während es dem Rest der Welt eher egal war, was in den Köpfen dieser kleinen, schon seit der babylonischen Herrschaft verstreuten Minderheit vorging.
    Mit dem Siegeszug des Christentums hat diese Vorstellung sich hingegen auf dem ganzen Erdball verbreitet und zugleich eine ganz andere Wendung erfahren. Indem das Christentum die “Auserwähltheit der Juden” zum Ausgangspunkt für seine eigene Bekehrung der Welt nimmt, wird aus dem inneren Hader mit sich selbst eine Legitimation für die eigenen Herrschaftsansprüche. Das problematische der Vorstellung wird projektiv abgespalten und an das Judentum als “Vergangenheit” delegiert und als “überwunden” gedacht. Dabei bleibt es nun, unkritisiert, erst recht wirksam, im Anspruch darauf, das Heil zu repräsentieren. In der jüdischen Diskussion hingegen hat die Vorstellung der “Auserwähltheit” inzwischen eher einen schlechten Beigeschmack. Sie hat einem doch nur Ärger gebracht.

    Hanno Loewy, Donnerstag, 12. April 2012

Di 10. April 2012

Wie gross werden Juden?

Peter

  • Lieber Peter,
    was meinst Du? Ich würde sagen, so groß wie Du mal werden wirst. Also entweder groß oder mittel-groß, oder nicht so groß, oder eher klein. So genau kann man das nicht sagen.
    Liebe Grüße

    Hanno Loewy, Dienstag, 10. April 2012

Di 10. April 2012

Sind die kleinen Kinder direkt schon Juden, weil ihre Eltern Juden sind? Ich zum Beispiel als Christ war das nicht.

Inga Neubauer

  • Liebe Inga,
    ich weiß nicht, ob Deine Eltern Dich haben taufen lassen. Wenn Sie das gemacht haben, dann haben Sie Dich damit auch schon als kleines Kind in die christliche Gemeinschaft aufgenommen. Manche (nicht-katholische) christliche Gemeinschaften taufen tatsächlich erst Erwachsene, aber das ist eher die Ausnahme.
    Im Judentum ist es noch ein wenig anders. Die Juden haben sich immer auch als ein Volk verstanden (so ein bisschen wie die Österreicher). Und sie haben sich vor 2000 Jahren, so wie das römische Recht damals war, dafür entschieden, dass ihr Judentum jeweils über die Mutter an die Kinder weitergegeben wird. Im Grunde macht die Erinnerung der eigenen Familie einen großen Teil dessen aus, was man Judentum nennt. Dazu kann man seine eigene Meinung haben. Aber man kann das nicht einfach “vergessen”.
    Man kann aus dem Judentum allerdings auch austreten. Aber wenn man möchte auch wieder eintreten (und das geht dann viel einfacher, als wenn man selbst nicht aus einer jüdischen Familie stammt).
    Du musst wissen: jede Religion erklärt sich den eigenen Zusammenhalt eben ein wenig anders. Die Hindus, also die Angehörigen einer der größten Religionen der Welt, die vor allem in Indien leben, gehen zum Beispiel davon aus, dass man als Hindu geboren wird und bleibt und wenn man das nicht ist, auch niemals Hindu werden kann. Christen und Muslime hingegen möchten gerne, dass alle Menschen Christen oder Muslime werden. Und früher haben sie auch nicht immer gefragt, was die Menschen selber wollten. Die Juden hingegen haben darauf, andere vom Judentum zu überzeugen, meistens keinen so großen Wert gelegt. Das hat die anderen wiederum gewundert und sie hielten die Juden manchmal für hochnäsig. Aber die Juden wussten, dass ein Glauben, den man nur annimmt, weil die anderen das wollen, vielleicht nicht immer ehrlich gemeint ist. Man hat sie ja selbst immer wieder zwingen wollen, etwas anderes zu werden. Du siehst, es ist nicht immer ganz einfach, die Religionen miteinander zu vergleichen. Sie “funktionieren” nicht immer so, wie wir uns das jeweils von “außen” denken. Am Besten man lässt sich Zeit, die anderen – ob Juden, oder Muslime oder Hindus oder Buddhisten – ein wenig besser kennen zu lernen.

    Hanno Loewy, Dienstag, 10. April 2012

Di 10. April 2012

Tragen Juden bestimmte Kleidung wie zum Beispiel die Islamisten?

Sven Neubauer

  • Lieber Sven,
    die meisten Juden tragen die selbe Kleidung wie die anderen Menschen in den Ländern, in denen sie leben. Aber es gibt einzelne Gruppen, die wollen, dass man sieht, dass sie ganz besonders gläubig sind. Sie ziehen sich bestimmte Kleidung an oder lassen sich manchmal die Bärte wachsen und tragen Käppchen oder besondere Hüte. Man nennt sie meistens “Orthodoxe” – das ist ein Wort, das gibt es auch bei den Christen und meint dort die Angehörigen der Kirchen in Griechenland, Russland, Serbien und anderen Ländern in Osteuropa und Südosteuropa.
    Im Judentum sind “orthodoxe” Menschen ganz besonders fromm – oder glauben es jedenfalls zu sein. Manchmal nerven sie auch nur die anderen Juden damit, dass sie ihnen Vorschriften machen wollen. So wie sehr gläubige Menschen in allen Religionen es manchmal machen. Sie sind eine Minderheit unter den Juden, so wie es besonders fromme Christen gibt, die ihr ganzen Leben in den Dienst der Kirche stellen. Die ziehen sich dann meistens auch besondere Sachen an, Mönchskutten und Nonnentracht und wenn sie bestimmte Funktionen in der Kirche haben auch Käppchen. Und manchmal lassen sich Mönche auch den Bart wachsen.
    Auch viele fromme Muslime achten auf ihre Kleidung. Frauen tragen dann oft ein Kopftuch, Männer oft sehr schlichte Kleidung oder in manchen Gruppen auch ein Abaja genannter Mantel. Aber auch das ist sehr verschieden, je nachdem wo Menschen leben oder aufgewachsen sind. Und ob sie ihren Glauben stark an Äußerlichkeiten fest machen wollen, vielleicht um als Minderheit ihren Zusammenhalt sichtbar zu bewahren. Gründe dafür gibt es viele verschiedene.
    Mit “Islamisten” hat das aber nichts zu tun. So nennt man meistens jene Muslime, die ihre Religion vor allem als politische Bewegung verstehen, so wie vor langer Zeit vielleicht die christlichen Kreuzritter. Mit ihnen ist nicht so gut auskommen. Aber das hängt nicht von ihrer Kleidung ab.

    Hanno Loewy, Dienstag, 10. April 2012

Di 10. April 2012

In welchen Ländern lebten die Juden? Wo sind sie am meisten? Gab es früher in Polen nur Juden?

Inga und Sven Neubauer

  • Liebe Inga, lieber Sven,
    die Antwort auf Eure Frage nach den Ländern findet ihr schon in unserer Antwort auf Eure Frage nach den jüdischen Sprachen. (Die kommt gleich dahinter.)
    In Polen gab es viele Juden, aber sie waren auch dort eine Minderheit. Vor dem Holocaust (also vor dem großen Mord der Nazis und ihrer Mitläufer an den europäischen Juden vor siebzig Jahren) gab es in Polen mehr als 3 Millionen Juden, von insgesamt 37 Millionen Menschen. Die große Mehrheit der Polen war und ist katholisch.

    Hanno Loewy, Mittwoch, 11. April 2012

Di 10. April 2012

Welche Sprache sprachen die Juden? Wie ging früher das Alphabet der jüdischen Sprache?

Sven und Inga Neubauer

  • Liebe Inga, lieber Sven,
    Eure Fragen klingen so einfach, aber ganz so einfach zu beantworten sind sie nicht.
    Denn das kommt ganz darauf an wo und wann. Als es vor mehr als 2000 Jahre ein jüdisches Königreich gab (wo heute Israel und Palästina sind) sprachen die dort lebenden Juden zumeist Hebräisch oder Aramäisch, oft auch Griechisch. Hebräisch galt lange als die “heilige Sprache”, also die Sprache für die Gebete und die Bibel. Aber manche Gebete waren und sind auch auf Aramäisch geschrieben, eine andere Sprache, die damals von vielen Juden und NIcht-Juden im nahen Osten gesprochen wurde. Und schon vor langer Zeit wurde die Bibel dann auch ins Griechische übersetzt.
    Schon seit mehr als 2500 Jahren leben die meisten Juden aber auch in vielen anderen Ländern, in Ägypten oder auch in Babylon, später im römischen Reich und dadurch auch in Deutschland, im ganzen Norden Afrikas und dann auch in Spanien, später auch nördlich des Kaukasus, im Osten Europas von Polen bis Russland, in der Türkei, in Nordwesteuropa und in Amerika, heute in der ganzen Welt. Und so sprechen sie meistens vor allem die Sprache der Länder, in der sie leben.
    Neben dem alten Hebräisch, in dem der größte Teil der Bibel zuerst geschrieben wurde, gibt es aber tatsächlich mehrere Sprachen, die man jüdisch nennt: In Spanien lebten bis 1492 sehr viele Juden, weil unter der muslimischen Herrschaft im Süden Spaniens (die bis zu endgültigen Vertreibung der Muslime aus Spanien mehr als 700 Jahre währte) meistens mehr Toleranz (also eine gewisse Freiheit) für die anderen Religionen herrschte, als im übrigen christlichen Europa. Und die sogenannten “Sefarden” (das waren die spanischen Juden) schufen sich eine eigene Sprache, nämlich das “Judenspanisch”. Das war eine Mischung zwischen Spanisch und Hebräisch und wurde mit den hebräischen Buchstaben, also dem hebräischen Alphabet von rechts nach links geschrieben.
    Als im Mittelalter viele Juden aus Deutschland nach Osten flohen und in Polen und Russland eine neue Heimat fanden, nahmen sie ihr mittelalterliches Deutsch mit, dass sie selbst auch mit hebräischen Buchstaben schrieben. Und daraus wurde das sogenannte “Jiddisch”, in dem sich Deutsch und Hebräisch, und ein wenig Polnisch oder Russisch verbanden. Wenn man genau hinhört, kann man “Jiddisch” auch dann ganz gut verstehen, wenn man eigentlich nur Deutsch spricht.
    Und seit der Gründung des Staates Israels im nahen Osten sprechen sehr viele Juden heute das seit 1900 wieder neu geschaffene Hebräisch, das man “Iwrith” nennt.
    Da jüdische Familien häufig in verschiedenen Ländern zu hause sind, ist es ganz gut, wenn man mehrere Sprachen sprechen kann. Aber das ist überhaupt für jeden ganz gut, wie Ihr sicher schon gemerkt habt.
    Noch zu Eurer Frage zum Alphabet:
    Das hebräische Aleph-Bet (so nennt man das jüdische Alphabet – also ganz ähnlich) ist schon einiges älter, als die lateinische Schrift, in der Ihr schreiben gelernt habt. Um zu sehen, wie die Buchstaben aussehen, musst Du mal im Internet schauen (oder im Jüdischen Museum ein Lineal oder eine Karte mit den Buchstaben kaufen). Geschrieben wird die Sprache jedenfalls von rechts nach links, so wie übrigens auch Arabisch.

    Hanno Loewy, Mittwoch, 11. April 2012

Di 10. April 2012

Haben Juden auch stark für ihr Volk gekämpft? Haben Juden auch gegeneinander gekämpft? Waren Juden ein starkes Volk, hielten gut zusammen und hatten “Teamgeist”?

Inga Neubauer

  • Liebe Inga,
    Bis zur Gründung des Staates Israel 1948 hatten die Juden kein eigenes Land. Sie lebten und leben noch heute in vielen Ländern auf der Welt verteilt. Sie haben aber bereits vorher wie die anderen Bürger eines Landes in verschiedenen Kriegen für ihr Land gekämpft. So kam es vor, dass auch Juden, die Bürger von verschiedenen Ländern waren, einander bekriegten, stark oder weniger stark für ihr Volk je nach dem, wie alle anderen Soldaten auch. Mit der Gründung Israels hat sich die Situation verändert. Es gibt jetzt ein Land, das ein jüdischer Staat ist und das andere Länder bekriegt und von ihnen bekriegt wird. So entsteht vielleicht das, was Du “Teamgeist” nennst. Mit so einer Aussage muss man jedoch vorsichtig sein, da nicht alle Juden heute in Israel leben oder sich mit dem Land verbunden fühlen.

    Melissa Dettling, Mittwoch, 11. April 2012

Di 10. April 2012

Hatten Juden Olympische Spiele?

Sven Neubauer

  • Lieber Sven,
    jüdische Sportler sind zumeist (und oft sehr erfolgreich) in den Nationalmannschaften der Länder, deren Bürger sie sind. Und als solche nehmen sie auch an den Olympiaden teil. Es gibt aber tatsächlich auch eine internationale jüdische Sportbewegung und eigene Wettkämpfe. Seit 1932 gibt es die “Makkabiade” (benannt nach einem legendären jüdischen Widerstandshelden gegen die griechisch-syrische Herrschaft über Jerusalem vor 2200 Jahren). das ist tatsächlich so etwas, wie eine jüdische Olympiade, abwechselnd in Israel und in Europa. Vor einem Jahr fand die europäische Makkabiade übrigens in Wien statt.

    Hanno Loewy, Mittwoch, 11. April 2012