Mi 25. April 2012
Haben Juden wirklich oft krumme Nasen?
Miriam-Chava Wolff
Mi 25. April 2012
Leoni Hannah Wolff
Liebe Leoni Hannah,
es gibt in der ganzen Welt nicht so besonders viele Juden. Aber früher lebten die meisten von ihnen in Europa, heute leben die meisten in Amerika und Israel.
Vor dem Beginn des zweiten Weltkriegs und dem Holocaust (also dem Massenmord an den europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutsche Reich) lebten in der Welt etwas mehr als 17 Millionen Juden.
Ungefähr 6 Millionen Juden wurden zwischen 1939 und 1945 ermordet. Danach wollten viele Juden erst einmal nicht mehr in Europa leben. Aber inzwischen sind es doch wieder einige. In Frankreich und England zum Beispiel leben heute viel mehr Juden als vor dem Krieg.
Heute sind es wieder ungefähr 14 Millionen Juden, die in aller Welt leben, wobei dabei nur jene eingerechnet sind, die jüdischen Gemeinden angehören. Also nicht Menschen, die sich dem Judentum einfach zugehörig oder nahe fühlen, weil manche ihrer Verwandten jüdisch sind.
Etwa 5,7 Millionen von ihnen leben in Nordamerika (USA und Kanada), ebenfalls 5,7 Millionen sind jüdische Israelis, fast 500.000 leben in Frankreich und fast 300.000 in Großbritannien, etwa 200.000 in Russland und ungefähr 180.000 in Argentinien, und etwa 120.000 in Deutschland – um nur die größten Gemeinschaften zu nennen. Aber natürlich leben auch Juden in der Schweiz und Österreich, Italien und in der Ukraine und in vielen anderen Ländern. Früher lebten auch viele Juden in Nordafrika, im Iran und im Irak. Dort sind die Gemeinden heute aber auch viel kleiner als früher, weil Juden von dort nach Israel, in die USA oder nach Frankreich gewandert sind.
Hanno Loewy, Freitag, 27. April 2012
Mi 25. April 2012
Plauer (Name nicht gut leserlich)
Das hängt häufig davon ab, von wem man gefragt wird und in welcher Stimmung man ist.
Generell war dies natürlich für viele so, jedenfalls in den ersten Jahrzehnten nach dem Krieg, deren Familien von Überlebende geprägt waren. Zugleich gab es immer Menschen, die sich eher auf ihr kulturelles und familiäres Erbe bezogen, auf die Religion, oder auf Israel.
Und sicherlich sind diese Bezüge für die meisten heute stärker, als die Erinnerung oder der Gedanken an die Massenvernichtung. Die kommen freilich manchmal hoch, wenn man das Gefühl hat, noch immer oder wieder aufs neue besonderen Ressentiments ausgesetzt zu sein.
Hanno Loewy, Freitag, 27. April 2012
Mi 25. April 2012
Plauer (Name nicht gut leserlich)
Ja und Nein. Moderne Entwicklungen in den verschiedenen religiösen Strömungen des Judentums gibt es viele. Auch eine liberale, an der Reform des 19. Jahrhunderts orientierte Rabbinerausbildung in Deutschland ist zum Beispiel in Potsdam wieder im Aufbau. Dort trägt sie den Namen Abraham Geigers, der in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sogar eine “Wissenschaftliche Zeitschrift für Jüdische Theologie” herausgegeben hat. Und in den USA heißt die Ausbildungsstätte des “konservativen Judentums” (das allerdings in vielem auch dem liberalen Judentum in Europa ähnelt) “Jewish Theological Seminary”. Allerdings: die Bezeichnung “jüdische Theologie” ist umstritten und gilt manchen als Anpassung an das Christentum.
Henryk Broder hat letztes Jahr, wie gewohnt ungerecht, überzogen und witzig, über diesen Begriff hergezogen:
“Um zu begreifen, wie das Judentum funktioniert, muss man kein “Theologe” sein. Es ist ganz einfach. Die gläubigen Juden beten für die Ankunft des Messias und leben nach den 613 Geboten und Verboten des Judentums; die säkularen tun alles, damit der Messias nicht kommt. Sie essen nicht koscher, fahren am Samstag Auto und gehen lieber ins Cafe als in die Synagoge. Diese Arbeitsteilung hat sich seit einigen Tausend Jahren bewährt.”
Hanno Loewy, Freitag, 27. April 2012
Liebe Miriam-Chava,
Du kennst doch ein paar Juden. Haben die wirklich meistens krumme Nasen?
Ich schaue gerade auf ein Foto von einem jüdischen Freund und mir. Ich hab eine etwas krumme Nase, er nicht. Bin ich jetzt jüdischer als er? Ich glaube nicht. Ist es wichtig, ob jemand eine krummere Nase hat, als ein anderer? Und wenn Juden etwas öfter eine krumme Nase haben als, sagen wir mal, Rumänen (denen sagt man eine besonders gerade Nase nach), wer hat dann die besseren Nasen? Ich glaub, andere Sachen sind wichtiger. Was meinst Du?
Hanno Loewy, Freitag, 27. April 2012