Der Blog zur
Ausstellung im
Jüdischen Museum
Hohenems
www.jm-hohenems.at

Di 29. Mai 2012

Haben die Engländer den Palästinensern das Land Israel abgekauft?

Tiefenb.

  • Nein, sie erhielten das Gebiet Israel/Palästina vom Völkerbund nach dem 1. Weltkrieg als Mandat übertragen, unter der widersprüchlichen Maßgabe dort eine nationale Heimstätte “für das jüdische Volk” zu ermöglichen und zugleich die Rechte der anderen Bewohner des Landes zu wahren, sowie die Rechte der Juden in der Diaspora nicht zu beeinträchtigen, so wie es die Balfour-Deklaration versprochen hatte.
    Die davor liegende Geschichte ist so kompliziert, wie die Gegenwart…

    Die Briten übernahmen das Land nach dem Zusammenbrauch des Osmanischen Reiches, das vorher Jahrhunderte über Palästina geherrscht hatte. Die Osmanen haben es 1517 von den Mamluken erobert. Vorher wurde es von den ebenfalls muslimischen Seldschuken und Fatimiden beherrscht. Zwischendurch gab es vier christliche Kreuzfahrerreiche in diesem Gebiet, die es von den Muslimen erobert hatten. Muslimische Araber hatten Jerusalem 638 erobert, bis dahin stand das Land unter oströmischer Herrschaft, unterbrochen von den persischen Sassaniden (614-629). Rom hatte Palästina im Jahr 63 vor der christlichen Zeitrechnung erobert. Zuvor war es ein jüdisches Königreich, was es formal unter römischer Herrschaft noch einige Zeit lang geblieben, bis unter Titus die jüdischen Aufstände gegen die römische Besatzung endgültig niedergeschlagen worden waren. Vor dem jüdischen Königreich, dass 141 v.d.Z. aus dem Aufstand gegen die syrischen Seleukiden hervorgegegangen war, stand das Gebiet lange unter hellenistischer Fremdherrschaft, nachdem Alexander der Große Palästina 332 vor der christlichen Zeitrechnung erobert hatte.
    Davor war das Land, dass seit 922 v.d.Zeitrechnung aus zwei jüdischen Königreichen bestand (Israel und Juda) schrittweise von den Assyrern, dann den Babyloniern und schließlich den Persern erobert worden. Vor 922 existierte einige Zeit lang schon ein gemeinsames israelitisches Königreich und davor ein israelitischer Stämmebund, dessen Ursprünge umstritten sind, da die wichtigste Quelle (die Bibel) mythische Züge trägt und sich die biblischen Texte widersprechen und die archäologischen Funde Rätsel aufgeben.

    Die Frage: wem gehört das Land lässt sich auf dieses Basis kaum entscheiden.

    Hanno Loewy, Donnerstag, 31. Mai 2012

Mo 28. Mai 2012

Warum haben Juden und Christen eine verschiedene Religion?

Natalia

  • Liebe Natalia,
    es wäre schön, wenn man diese Frage so einfach beantworten könnte. Da müsste man die Gründer des Christentums fragen, aber die sind schon lange tot. Um die Zeit, als Jesus von Nazareth gelebt hat, beherrschten die Römer das heutige Gebiet von Israel / Palästina. Es gab zwar immer noch ein jüdisches “Königreich”, aber der König hatte nichts zu sagen, er war, wie man so sagt, eine Marionette der Römer, deren Soldaten im Land standen. Und die einen Statthalter in Jerusalem hatten, der die Macht ausübte.
    Viele Bewohner des Landes, die meisten waren Juden, waren unzufrieden mit der Fremdherrschaft, aber auch mit dem König und den eigenen Priestern, denn die hatten es sich in der römischen Herrschaft gut eingerichtet und das Volk wurde ausgebeutet und musste die römische Herrschaft bezahlen. Damals traten im Judentum viele Rabbiner und Prediger auf, die an die Moral und den Widerstandswillen appellierten, oder die das Heil versprachen, wenn man besonders fromm war und sich an alle Gesetze hielt, oder das Heil auch denjenigen versprachen die ganz besonders innig an Gott und die Rettung glaubten, die von ihm kommen sollte.
    Es gab unterschiedliche Ideen, was helfen sollte. Auch Jesus von Nazareth war ein solcher Rabbiner oder Prediger und er sammelte eine jüdische Schar um sich, wie manche andere auch.
    Und wie viele andere auch, ließen die Römer ihn töten, nachdem sich Jesus von Nazareth auch mit dem König in Jerusalem und mit den Priestern angelegt hatte und man eine Revolution befürchtete.
    Doch seine Jünger ließen nicht locker, flohen in verschiedene Gegenden und begannen von ihm und seinen Lehren zu erzählen. Und zufällig waren sie damit am Ende erfolgreicher, als die Jünger anderer Prediger, die es ebenso versuchten.
    Sie hatten nämlich auch unter den mächtigen Römern Erfolg damit – und irgendwann wurde der Glaube an Jesus Christus eine neue Religion im römischen Reich. Und als ein römischer Kaiser sich für das Christentum entschied, wurde es Staatsreligion. Alle anderen Kulte wurden verboten.
    Die Juden verfolgte man seitdem, weil sie nicht bereit waren, ihren Glauben aufzugeben, ließ sie aber auch weiter existieren, denn schließlich stammte das Christentum von ihnen ab.

    Hanno Loewy, Donnerstag, 31. Mai 2012

So 27. Mai 2012

Als Juden in den KZ’s waren, wie viel bekamen sie dort täglich zu essen? Und was?

Christina Gasser

  • Das war von Lager zu Lager unterschiedlich. In Mauthausen beispielsweise betrug die tägliche Ration auf dem Papier etwa 1400 Kilokalorien (ca. 6000 Kilojoule) – und das bei körperlicher Schwerarbeit. 1400 Kilokalorien, das wäre ungefähr ein Drittel von dem, was ein Mensch bei solcher Arbeit braucht, um zu leben. In Wirklichkeit aber waren die Rationen häufig noch deutlich niedriger.
    In vielen Lagern bekamen die Häftlinge nur 1000 Kilokalorien am Tag.
    Jüdische Häftlinge bekamen meistens weniger, auch kranke Häftlinge.
    Zu Essen gab es Brot, Wassersuppen mit Grieß oder Sago, Kartoffeln, Kraut, Rüben oder Blattgemüse.

    Mehr Informationen gibts zum Beispiel in der Standard-Rezension zum Buch von Christine Stahl, “Sehnsucht Brot – Essen und Hungern im KZ-Lagersystem Mauthausen”

    http://derstandard.at/1297818334219/Ernaehrung-im-KZ-800-Kalorien-fuer-Schwerstarbeit-Duenne-Suppe-und-Brot-mit-Saegemehl-und-Gips

    Hanno Loewy, Dienstag, 29. Mai 2012

Sa 26. Mai 2012

Weswegen setzt man auf eine Schrift wenn das Leben ohne sie auskommt?

Kocher

  • Hanno Loewy, Dienstag, 29. Mai 2012

Sa 26. Mai 2012

Denken heißt Vorwärtskommen; Nachdenken hieße Stehenblieben. Was trägt Ihr hiezu bei…? Danke & Gruß

kocher

  • Nu, ab und zu machen wir eine Ausstellung.

    Hanno Loewy, Dienstag, 29. Mai 2012

Sa 26. Mai 2012

Keine Religion, keine Staaten – wie keine Grenzen; ergäbe 1 Sprache: Die des wortlosen Zueinanders. Weshalb dann immer so kompliziert?

Kocher

  • Nun, selbst in der Liebe spricht man manchmal. Die Menschen sind eben komplizierte Wesen.

    Hanno Loewy, Dienstag, 29. Mai 2012

Sa 26. Mai 2012

Intuition beschrieben, bleibt Intuition NICHT. Weswegen steuert man Gefühle?

Kocher

  • ??

    Hanno Loewy, Dienstag, 29. Mai 2012

Sa 26. Mai 2012

Millionen Heimatlose sind auf der Flucht. Namenlose, Internierte. Wer masst sich an, einz’ge Vertriebene zu sein; WARUM

Kocher

  • Wir wüssten nicht, wer sich das anmaßt, so können wir diese Frage auch nicht beantworten.
    In der Bundesrepublik Deutschland hat sich lange Zeit das Vertriebenenministerium mit dieser Materie befasst und hatte auf den Begriff und darauf, wer mit “Vertriebener” gemeint ist, ein gewisses Monopol. Aber diese Zeiten sind zum Glück vorbei.

    Hanno Loewy, Dienstag, 29. Mai 2012

Sa 26. Mai 2012

Befriedigung, beschnittene, ist nur zur Hälfte möglich. Warum tut man sich dies an?

Kocher

  • Ich kann Ihnen versichern, das tut man sich nicht selbst an. (Das Verletzungsrisko ist zu groß.)
    In meinem Fall geschah das – mit einem kleinen Schluck Wein betäubt – im zarten Alter von acht Tagen. Über eine traumatisierende Wirkung dieses Ereignisses weiß ich nichts zu berichten. Ich vermute aber, das eine solche eventuelle Traumatisierung durch die Schmerzen des Zahnens als Baby oder das eine oder andere aufgeschlagene Knie in meiner Kindheit bei weitem übertroffen wurde.
    Zur Frage der beschnittenen Befriedigung kann ich aus persönlicher Erfahrung nichts sagen, da mir die Vergleichsmöglichkeiten fehlen. Es gibt Sexualwissenschaftler, die behaupten, man hätte mehr – da länger – davon. Aber zum Glück traf ich vorgestern jemand, der mir genauer Auskunft geben konnte, da in seinem Fall erst im Erwachsenenalter eine Beschneidung notwendig wurde. Wenn ich ihm glauben darf, dann hat sich durch seinen neuen Zustand – auf dem Befriedigungssektor – nichts geändert. Weder zum Besseren noch zum Schlechteren.

    Hanno Loewy, Dienstag, 29. Mai 2012

Do 24. Mai 2012

Warum gibt es die Beschneidung? Diese Frage wurde überhaupt nicht beantwortet, nur statistische Daten…

Barbara

  • Liebe Barbara,
    bei manchen Fragen sind uns selbst Fragen gekommen. Zum Beispiel die: warum werden immer Juden gefragt, warum es die Beschneidung gibt.
    Von den Männern, die auf der Welt beschnitten sind, aus den unterschiedlichsten Gründen, sind nur ein Bruchteil Juden. Die meisten sind Muslime, christliche Amerikaner, Afrikaner und Asiaten unterschiedlichster Religionen. Insgesamt sind 25 bis 33% der männlichen Weltbevölkerung beschnitten.

    Aber bei der Vorbereitung unserer Ausstellung haben wir verblüfft zur Kenntnis genommen, dass die Frage nach der Beschneidung von Juden offenbar die meisten Menschen beschäftigt, mehr als alles andere. Und wir dachten, diese Frage müssten wir einmal an unser Publikum zurückgeben.
    Dass diese Frage so häufig (und gerade in Bezug auf das Judentum) gestellt wird, hat uns vor allem deswegen verwundert, da die traditionellen Begründungen dafür, dass verschiedene Kulturen das Ritual der Beschneidung entwickelt haben, ja jeder im Internet nachlesen kann. An Information zu diesem Thema mangelt es wahrlich nicht. Hier ein guter Überblick dazu:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Zirkumzision

    Die Antworten sind vielfältig und reichen von Theorien über das Opfer bis zu hygienischen Motiven. Kontrolle der Sexualität wird als Motiv genannt (obwohl das für heutige Formen von Beschneidung von Männern wohl kaum zutrifft) und natürlich die Abschaffung des Menschenopfers und der Ersatz durch ein symbolisches Opfer. Die verschiedenen Theorien widersprechen einander zum Teil, zum Teil ergänzen sie sich. Auch dass die Beschneidung der männlichen Vorhaut bestimmte Krankheitsrisiken mindert, ist nicht zweifelsfrei erwiesen, wird aber gerade in den USA allgemein angenommen.

    Im Judentum herrscht die Legende vor, dass Abraham seine Söhne als erster beschnitten habe, einer Weisung Gottes entsprechend. »Ich bin der Herr, der dich aus Ur in Chaldäa geführt hat, ich gebe dir das Land zu Besitz. Deine Nachkommen sollen wie die Sterne am Himmel sein« Und in Genesis 17,10-14 steht, dass die Beschneidung der männlichen Nachkommen als Zeichen dieses Bundes dienen soll. Dazu muss man natürlich glauben, dass Gott Weisungen erteilt, und das Abraham wirklich gelebt hat, obwohl er eine mythische Figur ist.

    Aber die Juden haben das Ritual ja gar nicht erfunden. Es gibt Beschneidungsdarstellungen aus dem alten Ägypten, die sehr viel länger zurückreichen. Und Beschneidungen waren schon zu Zeiten des mythischen Abraham offenbar in verschiedenen Völkern und Stämmen verbreitet. Die Diskussion darüber wird vermutlich weitergehen.

    Hanno Loewy, Freitag, 25. Mai 2012