Der Blog zur
Ausstellung im
Jüdischen Museum
Hohenems
www.jm-hohenems.at

Mo 9. April 2012

Seit wann sagt man nicht mehr Holocaust sondern Shoa?

Meret

  • Der Begriff “Holocaust” (wörtlich “Brandopfer”) wurde ab 1943 für den nationalsozialistischen Massenmord an den europäischen Juden verwendet. Seit 1948 alternativ auch das hebräische Wort “Shoa” (“Katastrophe, Untergang, Zerstörung”), welches mit Claude Lanzmanns Film “Shoa” auch im deutschen Sprachraum bekannt wurde. Als hebräisches Wort hat sich “Shoa” allerdings bis jetzt jedoch nicht durchsetzen können.
    Beide Begriffe können verwendet werden. In der wissenschaftlichen Debatte gibt es keine Einigkeit darüber, welcher Begriff bevorzugt benutzt werden sollte, da beide eine gewisse Problematik der Ungenauigkeit in sich bergen.

    Auf Wikipedia werden die Unterschiede zwischen den beiden Begriffen noch genauer erläutert: http://de.wikipedia.org/wiki/Holocaust_(Begriff)

    Melissa Dettling, Dienstag, 10. April 2012

Mo 9. April 2012

2) Ist die Flüssigseife auf der Frauentoilette im Museum Zufall? (Land, wo Milch und Honig fliesst)

Brigitte Oberholzer

  • Da müssten wir zuerst klären, ob es überhaupt Zufälle gibt…

    Melissa Dettling, Mittwoch, 11. April 2012

Mo 9. April 2012

1) Warum wurden die Juden vor und im 2. Weltkrieg so gezielt und systematisch verfolgt?

Brigitte Oberholzer

  • Liebe Brigitte Oberholzer,
    die Diskussion darüber füllt ganze Bibliotheken – eine einfache Antwort darauf können auch wir nicht geben. Und einzelne Buchtitel zu nennen ist bei diesem durchaus kontroversen Thema schwierig. Am Besten nehmen Sie Saul Friedländers Gesamtdarstellung zur Hand: “Das Dritte Reich und die Juden”. Darin findet sich die wohl vielschichtigste Beschreibung, die es dazu gibt.

    Im Grunde ist Ihre Frage bei uns an der “falschen” Adresse. Denn schließlich ist es eine Frage an die Täter und an die deutsche und österreichische Gesellschaft, oder an Institutionen die sich mit der Geschichte Deutschlands und Österreichs und Vorarlbergs beschäftigen. Trotzdem wird sie immer wieder in Jüdischen Museen gestellt. Und häufig wird sie Juden gestellt. In anderen Fällen hält man Opfer eigentlich nicht für die geborenen Experten für die Motive der Täter. Es ist ein wenig so, wie wenn man Frauen fragt, warum sie vergewaltigt wurden. Dahinter steckt manchmal, leider gar nicht selten, nämlich auch die Frage: “Was hast Du dazu beigetragen?” Da wird einem unwohl und deswegen haben viele Mitarbeiter jüdischer Museen bei solchen Fragen einen ersten Impuls des Widerstands.
    Und doch gibt es auch andere Gründe, warum diese Frage gestellt wird. Einer dieser Gründe ist tatsächlich, dass es doch auch und gerade die Opfer waren, die nach 1945 überhaupt die Spuren der Verbrechen systematisch sicherten. Und dass sich tatsächlich viele Juden fragten, warum Ihnen das geschah. Und schließlich: Jüdische Museen sind keine “jüdischen Institutionen” sondern Orte der Auseinandersetzung mit Fragen jüdischer Geschichte. Und jüdische Geschichte lässt sich von solchen Fragen kaum trennen.

    Judenfeindlichkeit hat es im christlichen Europa immer gegeben, mal virulent und mal offen. Das hat mit den Ursprüngen des Christentums zu tun. (Siehe dazu unsere Antwort auf die Frage “Warum verfolgte man die Juden?” am 4. April)
    Seit dem 19. Jahrhundert haben sich solche traditionellen judenfeindlichen Ressentiments mit dem modernen Nationalismus verbunden und mit dem aufkommenden Rassismus. So entstanden politische Bewegungen, die sich explizit als “antisemitisch” verstanden und die angebliche “Judenfrage” als nationale und als Rassenfrage “lösen” wollten. Solche Bewegungen waren besonders in Österreich (die christlichsoziale Partei) und in Deutschland stark, aber um 1900 zeitweise auch in Frankreich besonders ausgeprägt (dort verbunden mit der verbreiteten Phantasie, die Juden wären “feindlliche Agenten” der Deutschen…). Im Grunde gab es sie in ganz Europa und auch darüberhinaus.
    Nach dem ersten Weltkrieg stießen antisemitische Strömungen dann vor allem in Österreich und Deutschland auf einen fruchtbaren Boden, schließlich suchte man für die Erfahrung des verlorenen Krieges einen Sündenbock.
    Hinzu kamen viele unterschiedliche Motive, traditionelle religiöse und soziale: auch für die Spaltung der Gesellschaft, die durch die wachsenden sozialen Gegensätze im Zeichen kapitalistischer Wirtschaft gekennzeichnet war, suchte man einen äußeren Feind verantwortlich zu machen. Und besonders überzeugend wirkten in der sich zuspitzenden wirtschaftlichen Krise um 1930 schließlich jene Vorstellungen, die einen äußeren Feind im Innern identifizieren konnten: also eine soziale Gruppe, die zugleich innen und außen war. Juden waren dies in besonderer Weise, als in bestimmten Berufen erfolgreiche Minderheit exponiert, und durch lange kultivierte jederzeit wachzurufende Ressentiments der Mehrheit besonders leicht auszugrenzen. Gegen sie war schon immer Neid zu mobilisieren, sie waren immer wieder das Ventil für sich aufstauende soziale Konflikte.
    Im Nationalsozialismus, der sich anschickte, die Weltherrschaft zu erlangen und der die Deutschen (und Österreicher) als zur Herrschaft “auserwähltes Volk” ansah, nahm das Projekt, Deutschland, dann Europa, dann die Welt “judenfrei” zu machen, schließlich einen zentralen Stellenwert ein. Ihre Beseitigung (ein schönes Wort für etwas, das schließlich nur als Mord realisierbar war) wurde schließlich als Schlüssel zur Lösung aller Probleme angesehen. Juden gab es schließlich überall, das heißt, sie “treffen” zu wollen gab die perfekte Legitimation für den eigenen Größenwahn, den Krieg gegen die ganze Welt. Und zugleich konnte man damit auch die besetzten Länder und ihre Bevölkerungen mit vor den eigenen Karren spannen. Denn Antisemitismus gab es dort auch.
    Schließlich hatte das Ganze auch noch eine “praktische” Seite: man konnte sich bereichern, Konkurrenten loswerden, Karrieren machen. Das war zwar nicht die Erklärung für die Verfolgung, aber es brachte zusätzlichen, persönlich motivierten Antrieb ins Geschehen, machte es leichter, mitzumachen, korrumpierte, band ein, gab dem ganzen den Ganzen (aus der Perspektive der Individuen) den Charakter “rationaler” Handlungen.

    Hanno Loewy, Mittwoch, 11. April 2012

Mo 9. April 2012

Warum tragen jüdische Frauen oft eine Perücke?

Ruedi Hollenstein

  • Orthodoxe jüdische Frauen tragen, sofern sie verheiratet, geschieden oder verwitwet sind eine Kopfbedeckung. Das kann je nach orthodoxer Gruppierung und Mode eine Mütze, ein Hut, eine Perücke oder ein Kopftuch sein. Das Haar wird verdeckt, da kein fremder Mann das Haar einer verheirateten Frau sehen soll. In der Bibel lassen sich mehrere Stellen finden, die auf eine weibliche Kopfbedeckung verweisen. Die Kippa, die Kopfbedeckung für den Mann im orthodoxen Judentum besteht im Gegensatz dazu erst seit dem 16./17. Jahrhundert.

    Melissa Dettling, Dienstag, 10. April 2012