Der Blog zur
Ausstellung im
Jüdischen Museum
Hohenems
www.jm-hohenems.at

So 15. April 2012

Wie geht die jüdische Gemeinde mit Personen um, die von einer dritten Religion zum Judentum konvertieren wollen?

Klemenz Jangen

  • Lieber Klemenz Jangen,

    Alles zur Konversion und ihren Tücken, siehe Frage unten:

    Melissa Dettling, Dienstag, 17. April 2012

So 15. April 2012

Kann ich als Österreicher auch Jude werden? (Sprich zum Judentum konvertieren)

Riwa

  • Formal ist der Übertritt zum Judentum möglich, wird aber nicht forciert. Wenn er den Regeln entsprechend vollzogen worden ist, dann ist der Konvertit Jude und in allen Punkten in der Gemeinde gleichberechtigt.
    Aber Probleme gibt es natürlich:
    Erstens: der Faktor Mensch. Menschen sind manchmal schwach und lassen ihre eigene Schwäche an anderen aus. Ein solcher Ausdruck der Schwäche ist es, Konvertiten spüren zu lassen, das sie keine “richtigen” Juden sind. Dem wird man immer wieder begegnen. So wie ein jüdischer oder muslimischer Österreicher wohl immer wieder jemand begegnen wird, der ihm signalisiert, das er gar kein richtiger Österreicher ist.
    Zweitens pflegen (insbesondere da wo viele Juden leben) verschiedene Gemeinden einen unterschiedlichen Umgang mit den Traditionen (von Reform bis orthodox) und das heißt auch, einen unterschiedlichen Umgang mit Konversionen. Ein Übertritt in einer Reformgemeinde in den USA ist sicherlich leichter (wobei man sich auch da keine falschen Vorstellungen machen sollte, anderthalb oder zwei Jahre Zeit sollte man schon mitbringen) als bei einer ultra-orthodoxen Gemeinde.
    Dementsprechend akzeptieren Reformgemeinden auch einen Übertritt bei einer orthodoxen Gemeinde, aber umgekehrt orthodoxe Gemeinden häufig nicht einen Reform-Übertritt.
    Drittens kommt es natürlich auch darauf an, aus welchen Gründen man übertritt. Unterschieden wird zumeist zwischen drei Gründen:
    1. “Re-Konversion” von Menschen, die jüdische Vorfahren haben.
    2. “Liebes-Konversion” zum Zwecke der Eheschließung.
    3. “spirituelle Konversion” aus rein religiösen Gründen.
    Man kann sich vorstellen, dass “Re-Konversionen” oft am unproblematischsten ablaufen, “Liebes-Konversionen” sind besonders häufig und dabei stellt sich, von Seiten der Gemeinde vor allem die Frage, ob der Konvertit bereit ist, für die “jüdische Identität” der Kinder zu sorgen. (Das heißt auch, die Liebeskonversion ist bei Frauen häufiger als bei Männern, die ja für die Frage ob das Kind als “jüdisch” gilt, nicht so entscheidend sind.) Eine irgendwie heikle Frage – auf die man pragmatisch und ein wenig absurd damit antwortet, dass man verlangt zu beweisen, in der Lage zu sein, einen Haushalt unter Einhaltung der traditionellen Rituale und der Kaschrut (den Koscher-Gesetzen) zu führen. (Was die Mehrheit der Juden ja selbst gar nicht tut) Ob die Konversion nachhaltig ist (selbst wenn man sich nachher vielleicht wieder der üblichen Praxis annähert, es mit Kaschrut und Tradition nicht ganz so ernst zu nehmen), das hängt am Ende vor allem vom Erfolg der Ehe ab…
    “Spirituelle Konversionen” werden mit der größten Vorsicht behandelt – und sie erweisen sich tatsächlich auch in der Praxis nicht immer als sehr dauerhaft. Denn wer einmal das Bedürfnis verspürt, sich einem anderen Glauben zuzuwenden, der verspürt dieses Bedürfnis auch oft ein zweites Mal. Als temporäre spirituelle Orientierung hat sich das Judentum freilich in keiner seiner Ausprägungen jemals verstanden.
    Jude zu sein heißt ja letztlich, sich auf eine bestimmte historische Erfahrung zu beziehen. Das ist etwas anderes, als ein spirituelles Erlebnis zu suchen. Und zum Judentum zu konvertieren bedeutet, sich dieser historischen Erfahrung anzuschließen, was vermutlich nicht einfach ist. Aber es ist immer wieder in der Geschichte möglich gewesen.
    Manchmal machen es auch Konvertiten ihrer jüdischen Umgebung nicht ganz leicht, weil sie die Einhaltung der Traditionen oder das spirituelle Erleben in den Vordergrund stellen – und diesen Anspruch auch an ihre Umgebung stellen. Denn schließlich suchen Konvertiten häufig neue Sicherheit.
    Doch man kann Jude sein, ohne gläubig zu sein. Und zum jüdischen Zweifel zu konvertieren ist vielleicht besonders schwierig.
    Ab Oktober 2012 zeigt das Jüdische Museum Hohenems (und 2012 auch die Jüdischen Museen in Frankfurt und in München) eine Ausstellung zum Thema Konversion. Dann gibt es auch einen Katalog mit vielen Antworten auf diese Fragen.

    Melissa Dettling, Montag, 16. April 2012

So 15. April 2012

In welchem Monat heiraten die meisten Juden? Wollte nur fragen, weil der jüdische Hochzeitskuchen im Cafe so hart war.

Egon

  • Lieber Egon,

    Es gibt im orthodoxen Judentum keine besonderen Heiratsmonate, jedoch Zeiten zu denen nicht geheiratet wird: während den Trauerperioden (zum Beispiel in den sieben Wochen zwischen Pessach und Schawuot), am Schabbat und an den meisten Festtagen. Nur selten wird zwischen Rosch HaSchana (dem jüdischen Neujahr) und Jom Kippur geheiratet. Diese 10 Tage werden von vielen als Moment der ernsten Besinnung angesehen, was keinesfalls zur Ausgelassenheit einer Hochzeit passt. Traditionell ist der Dienstag als Wochentag beliebt, denn über diesen Tag heisst es in der Bibel gleich zwei Mal, “dass es gut war”.

    Nun zur Frage, warum der Kuchen so hart war – Pessach war dieses Jahr vom 6.-14. April 2012, Schawuot wird vom 26.-28. Mai 2012 sein, das heisst im Moment wird eher weniger geheiratet – der Kuchen scheint das wohl zu spüren…

    Melissa Dettling, Dienstag, 17. April 2012