So 29. April 2012
Bist du Jude oder einer der die Fragen beantwortet?
Myriam Klement
So 29. April 2012
Myriam Klement
Liebe Myriam,
diese Frage ist zugleich leicht und schwer zu beantworten.
Jesus Eltern waren Juden. Seine Mutter Maria ohnehin und auch Josef war jüdisch. Ob Josef allerdings der leibliche Vater war, darüber ist man sich bekanntlich nicht ganz sicher. Die meisten Christen glauben ja, dass Jesus Gottes Sohn war. Das aber ist eine Frage die ich nicht sicher beantworten kann – und letztlich wohl niemand auf der Welt.
Hanno Loewy, Mittwoch, 2. Mai 2012
So 29. April 2012
Myriam Klement
Ja, Jesus war Jude, denn seine Mutter Maria war Jüdin (und auch der Mann seiner Mutter – Josef – dessen Vaterschaft nicht ganz geklärt ist).
Jesus selbst hat sich in seinem ganzen Leben sicher auch immer als Jude gefühlt und wäre nie auf den Gedanken gekommen, dass seine religiöse Bewegung etwas anderes sein könnte, als eine jüdische Gruppe, die sich gegen Missstände auflehnt. So wie es heute auch in den christlichen Kirchen immer wieder Menschen gibt, die die Kirchenoberen kritisieren und Neuerungen fordern.
Hanno Loewy, Mittwoch, 2. Mai 2012
Mi 25. April 2012
Miriam-Chava Wolff
Liebe Miriam-Chava,
Du kennst doch ein paar Juden. Haben die wirklich meistens krumme Nasen?
Ich schaue gerade auf ein Foto von einem jüdischen Freund und mir. Ich hab eine etwas krumme Nase, er nicht. Bin ich jetzt jüdischer als er? Ich glaube nicht. Ist es wichtig, ob jemand eine krummere Nase hat, als ein anderer? Und wenn Juden etwas öfter eine krumme Nase haben als, sagen wir mal, Rumänen (denen sagt man eine besonders gerade Nase nach), wer hat dann die besseren Nasen? Ich glaub, andere Sachen sind wichtiger. Was meinst Du?
Hanno Loewy, Freitag, 27. April 2012
Mi 25. April 2012
Leoni Hannah Wolff
Liebe Leoni Hannah,
es gibt in der ganzen Welt nicht so besonders viele Juden. Aber früher lebten die meisten von ihnen in Europa, heute leben die meisten in Amerika und Israel.
Vor dem Beginn des zweiten Weltkriegs und dem Holocaust (also dem Massenmord an den europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutsche Reich) lebten in der Welt etwas mehr als 17 Millionen Juden.
Ungefähr 6 Millionen Juden wurden zwischen 1939 und 1945 ermordet. Danach wollten viele Juden erst einmal nicht mehr in Europa leben. Aber inzwischen sind es doch wieder einige. In Frankreich und England zum Beispiel leben heute viel mehr Juden als vor dem Krieg.
Heute sind es wieder ungefähr 14 Millionen Juden, die in aller Welt leben, wobei dabei nur jene eingerechnet sind, die jüdischen Gemeinden angehören. Also nicht Menschen, die sich dem Judentum einfach zugehörig oder nahe fühlen, weil manche ihrer Verwandten jüdisch sind.
Etwa 5,7 Millionen von ihnen leben in Nordamerika (USA und Kanada), ebenfalls 5,7 Millionen sind jüdische Israelis, fast 500.000 leben in Frankreich und fast 300.000 in Großbritannien, etwa 200.000 in Russland und ungefähr 180.000 in Argentinien, und etwa 120.000 in Deutschland – um nur die größten Gemeinschaften zu nennen. Aber natürlich leben auch Juden in der Schweiz und Österreich, Italien und in der Ukraine und in vielen anderen Ländern. Früher lebten auch viele Juden in Nordafrika, im Iran und im Irak. Dort sind die Gemeinden heute aber auch viel kleiner als früher, weil Juden von dort nach Israel, in die USA oder nach Frankreich gewandert sind.
Hanno Loewy, Freitag, 27. April 2012
Mi 25. April 2012
Plauer (Name nicht gut leserlich)
Das hängt häufig davon ab, von wem man gefragt wird und in welcher Stimmung man ist.
Generell war dies natürlich für viele so, jedenfalls in den ersten Jahrzehnten nach dem Krieg, deren Familien von Überlebende geprägt waren. Zugleich gab es immer Menschen, die sich eher auf ihr kulturelles und familiäres Erbe bezogen, auf die Religion, oder auf Israel.
Und sicherlich sind diese Bezüge für die meisten heute stärker, als die Erinnerung oder der Gedanken an die Massenvernichtung. Die kommen freilich manchmal hoch, wenn man das Gefühl hat, noch immer oder wieder aufs neue besonderen Ressentiments ausgesetzt zu sein.
Hanno Loewy, Freitag, 27. April 2012
Mi 25. April 2012
Plauer (Name nicht gut leserlich)
Ja und Nein. Moderne Entwicklungen in den verschiedenen religiösen Strömungen des Judentums gibt es viele. Auch eine liberale, an der Reform des 19. Jahrhunderts orientierte Rabbinerausbildung in Deutschland ist zum Beispiel in Potsdam wieder im Aufbau. Dort trägt sie den Namen Abraham Geigers, der in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sogar eine “Wissenschaftliche Zeitschrift für Jüdische Theologie” herausgegeben hat. Und in den USA heißt die Ausbildungsstätte des “konservativen Judentums” (das allerdings in vielem auch dem liberalen Judentum in Europa ähnelt) “Jewish Theological Seminary”. Allerdings: die Bezeichnung “jüdische Theologie” ist umstritten und gilt manchen als Anpassung an das Christentum.
Henryk Broder hat letztes Jahr, wie gewohnt ungerecht, überzogen und witzig, über diesen Begriff hergezogen:
“Um zu begreifen, wie das Judentum funktioniert, muss man kein “Theologe” sein. Es ist ganz einfach. Die gläubigen Juden beten für die Ankunft des Messias und leben nach den 613 Geboten und Verboten des Judentums; die säkularen tun alles, damit der Messias nicht kommt. Sie essen nicht koscher, fahren am Samstag Auto und gehen lieber ins Cafe als in die Synagoge. Diese Arbeitsteilung hat sich seit einigen Tausend Jahren bewährt.”
Hanno Loewy, Freitag, 27. April 2012
Di 24. April 2012
H. Matthes
Ich wage zu bezweifeln, dass Juden im allgemeinen künstlerisch begabter oder weniger begabt sind. Wahrscheinlich gibt es einfach in verschiedenen Dingen unterschiedlich begabte Menschen.
Melissa Dettling, Mittwoch, 25. April 2012
Diese Frage verdient eine Gegenfrage: Sind Juden wirklich künstlerisch besonders begabt?
Es gibt eine Reihe von Berufen, in denen Juden statistisch stärker repräsentiert sind. Dies hat in der Regel soziale Gründe (freie Berufe / Berufe, die sich mit Migration und Mobilität vertragen / Berufe, die Juden von den Behörden überhaupt erlaubt wurden) oder Gründe, die mit dem Bildungsniveau zu tun haben. Wobei für das Bildungsniveau ebenfalls soziale oder kulturelle Faktoren entscheidend sind, die insbesondere mit dem Status einer Minderheit zu tun haben, die ihre Identität als Schriftkultur weitergibt.
Bildende Kunst aber gehörte traditionell eher nicht zu den Berufen (oder Berufungen), in denen Juden statistisch irgendwie aufgefallen wären. Im Gegenteil. Erst im 20. Jahrhundert nahm die Zahl jüdischer Künstler zu, was mit den Bildungskarrieren bürgerlicher Familien zusammenhing, mit der Abkehr von religiöser Tradition und der sich nun bietenden Möglichkeit, sich jenseits von traditioneller Atelierkunst in neuen Bahnen geistig auszudrücken.
Aber eine statistisch auffällige Größe sind jüdische Künstler bis heute nicht. Anders vielleicht als in der Musik (die traditionell auch in der religiösen Praxis und in der Alltagskultur verankert ist) oder in der Fotografie und im Film, deren Berufe Juden (und MIgranten überhaupt) eher offen standen und nicht durch traditionellen Standesdünkel der Mehrheitsgesellschaft oder Sprachgrenzen verschlossen waren.
Hanno Loewy, Donnerstag, 26. April 2012
Mo 23. April 2012
Dagmar Maurer(?)
Liebe Dagmar Maurer,
Standesamtlich können Sie ohne Problem jemanden heiraten, der einer anderen Religion angehört. Wenn sie auch eine religiöse Hochzeit wünschen, muss einer von beiden konvertieren.
Melissa Dettling, Montag, 23. April 2012
Mo 23. April 2012
Barbara Redmann
Liebe Barbara Redmann,
Ganz lässt sich das wohl nie herausfinden… Es gibt eine Schweizer Firma, IGENEA, die Gentests durchführt, die mit einem bestimmten “jüdischen Gen” unter anderem eine “jüdische Herkunft” bescheinigen sollen (http://www.igenea.com). Die Suche nach dem “jüdischen Blut” ist geschichtlich sicher ziemlich vorbelastet und fraglich, ob es sowas überhaupt gibt.
Melissa Dettling, Dienstag, 24. April 2012
Liebe Barbara,
warum ist Dir das wichtig? Und meinst Du wirklich Blut/Gene oder einfach nur irgendein jüdisches Familienmitglied über dessen Geschichte in Deiner Familie nicht gesprochen wurde? Oder fragst Du Dich nur, warum das Thema in Deiner Familie irgendwie Emotionen ausgelöst hat?
Bei IGENEA jedenfalls wirst Du nicht unbedingt eine besonders seriöse Antwort bekommen. Die bescheinigen Dir nämlich auch, ob Du angeblich das “Krieger-Gen” hast, oder von Wikingern oder Phoeniziern abstammst. Tatsache ist allerdings, dass wir alle irgendwie von Phoeniziern und Wikingern und Slawen und Germanen und Turkvölkern noch vielen anderen abstammen. Und meistens wohl auch von Juden – nur: die waren halt nie besonders viele. Wie immer:die Mischung machts.
Hanno Loewy, Mittwoch, 25. April 2012
Liebe Myriam,
das kommt darauf an, wen Du mit “Du” meinst. Einer von uns ist es, die anderen nicht.
Liebe Grüße
Hanno Loewy, Donnerstag, 3. Mai 2012