Der Blog zur
Ausstellung im
Jüdischen Museum
Hohenems
www.jm-hohenems.at

Do 24. Mai 2012

Warum gibt es die Beschneidung? Diese Frage wurde überhaupt nicht beantwortet, nur statistische Daten…

Barbara

  • Liebe Barbara,
    bei manchen Fragen sind uns selbst Fragen gekommen. Zum Beispiel die: warum werden immer Juden gefragt, warum es die Beschneidung gibt.
    Von den Männern, die auf der Welt beschnitten sind, aus den unterschiedlichsten Gründen, sind nur ein Bruchteil Juden. Die meisten sind Muslime, christliche Amerikaner, Afrikaner und Asiaten unterschiedlichster Religionen. Insgesamt sind 25 bis 33% der männlichen Weltbevölkerung beschnitten.

    Aber bei der Vorbereitung unserer Ausstellung haben wir verblüfft zur Kenntnis genommen, dass die Frage nach der Beschneidung von Juden offenbar die meisten Menschen beschäftigt, mehr als alles andere. Und wir dachten, diese Frage müssten wir einmal an unser Publikum zurückgeben.
    Dass diese Frage so häufig (und gerade in Bezug auf das Judentum) gestellt wird, hat uns vor allem deswegen verwundert, da die traditionellen Begründungen dafür, dass verschiedene Kulturen das Ritual der Beschneidung entwickelt haben, ja jeder im Internet nachlesen kann. An Information zu diesem Thema mangelt es wahrlich nicht. Hier ein guter Überblick dazu:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Zirkumzision

    Die Antworten sind vielfältig und reichen von Theorien über das Opfer bis zu hygienischen Motiven. Kontrolle der Sexualität wird als Motiv genannt (obwohl das für heutige Formen von Beschneidung von Männern wohl kaum zutrifft) und natürlich die Abschaffung des Menschenopfers und der Ersatz durch ein symbolisches Opfer. Die verschiedenen Theorien widersprechen einander zum Teil, zum Teil ergänzen sie sich. Auch dass die Beschneidung der männlichen Vorhaut bestimmte Krankheitsrisiken mindert, ist nicht zweifelsfrei erwiesen, wird aber gerade in den USA allgemein angenommen.

    Im Judentum herrscht die Legende vor, dass Abraham seine Söhne als erster beschnitten habe, einer Weisung Gottes entsprechend. »Ich bin der Herr, der dich aus Ur in Chaldäa geführt hat, ich gebe dir das Land zu Besitz. Deine Nachkommen sollen wie die Sterne am Himmel sein« Und in Genesis 17,10-14 steht, dass die Beschneidung der männlichen Nachkommen als Zeichen dieses Bundes dienen soll. Dazu muss man natürlich glauben, dass Gott Weisungen erteilt, und das Abraham wirklich gelebt hat, obwohl er eine mythische Figur ist.

    Aber die Juden haben das Ritual ja gar nicht erfunden. Es gibt Beschneidungsdarstellungen aus dem alten Ägypten, die sehr viel länger zurückreichen. Und Beschneidungen waren schon zu Zeiten des mythischen Abraham offenbar in verschiedenen Völkern und Stämmen verbreitet. Die Diskussion darüber wird vermutlich weitergehen.

    Hanno Loewy, Freitag, 25. Mai 2012

Do 24. Mai 2012

Das Jüdische Museum Wien zeigt Kunstwerke eines jüdischen Sammlers und behauptet, dass jüdische Sammler schon immer die neuesten Kunstströmungen gefördert haben. Warum sind Juden und jüdische Museen darin besser als Nichtjuden und nichtjüdische Museen?

Mäzenas

  • Ich weiß nicht, ob sie darin besser sind. Und ich bin nicht sicher, ob es in der Ausstellung in Wien wirklich darum geht.
    Ein 42 jähriger Hedgefonds Banker investiert seit 5 Jahren sein Geld in Kunst, hat dafür ein Computerprogramm (zum “Auswerfen” der Künstler mit Wertsteigerungspotential) entwickelt und einen “Kunsthistoriker” engagiert, weil er selbst (nach eigenem Bekunden) keine Ahnung von Kunst hat.
    Er sammelt (nach eigenem Bekunden) nicht, was ihm gefällt, sondern, was an Wert gewinnt, wie Aktien. Emotionen überlässt er, sagt er, seiner Frau…

    Die Zeitung “Standard”, die offenbar versucht, sich als Boulevardmedium zu positionieren, gibt diesen offenherzigen Bekenntnissen eine ganze Seite Raum, aber seltsamerweise nicht in kritischer Absicht, sondern ganz begeistert von der Aussicht aus dem Büro des Sammlers im “Galaxy Tower”.
    Das Jüdische Museum Wien stellt jetzt diese Sammlung aus, kuratiert von dem Einkäufer des Sammlers (also wohl eher nicht mit kritischer Distanz) und sorgt mit öffentlichem Geld dafür, dass der Wert der privaten Sammlung noch a bissel steigt. Ein echtes public-private-partnership Projekt also.

    Begründung des Museums: da sieht man, wie tabubrechend und innovativ jüdische Sammler sind (im Gegensatz zu anderen).
    Inhalt der Ausstellung: irgendwelche Kunst von irgendwelchen zeitgenössischen – meist nichtjüdischen – Künstlern, die irgendwelche Tabus brechen und irgendwelche Grenzen zwischen Ländern, Kulturen, Generationen, oder sonstwas überschreiten. (Das machen international bekannte Künstler aber meistens…)
    Werbetrick: zu der Sammlung gehören auch Fotos des britischen Fotografen Leigh Ledare, der die Muschi seiner Mutter Tina Peterson fotografiert. Diese Bilder werden mit einem Vorhang abgehängt, hinter den nur Menschen ab 18 schauen dürfen. Wahrscheinlich kommt jetzt bald ganz Wien angerannt, um die Inzest-Fotos von Leigh Ledare anzuschauen. Ein großer Erfolg!
    Frage: Bringt uns das dem Verständnis und der Diskussion jüdischer Geschichte, Kultur, Tradition, Politik, Religion irgendwie näher?
    Antwort: Klar! Juden sind geschäftstüchtig und schlau, machen mit jedem Skandal und öffentlichem Geld Profit, beuten die Gefühle unschuldiger Nicht-Juden aus, denken kalt und emotionslos nur ans Geld, sind Banausen wenn es wirklich um echte Werte geht, sind zynische Ausbeuter von allem und jedem.
    Nun, das sind “nichtjüdische” Sammler, Boulevardmedien, Politiker und Börsenhändler (und viele andere Leute) wie wir wissen häufig auch. Aber im Jüdischen Museum Wien erfahren wir nun, dass die Antisemiten doch “eigentlich Recht” haben. Das ist mal wenigstens originell.

    Hanno Loewy, Freitag, 25. Mai 2012