Der Blog zur
Ausstellung im
Jüdischen Museum
Hohenems
www.jm-hohenems.at

Mo 14. Mai 2012

Muss ein Rabbiner verheiratet sein?

Fragesteller unbekannt

Mo 14. Mai 2012

Muss ein Kantor verheiratet sein?

Fragesteller unbekannt

  • Siehe obige Frage zum Rabbiner. Auch der Kantor muss nicht ausdrücklich, aber er sollte verheiratet sein.

    Melissa Dettling, Montag, 14. Mai 2012

Mo 14. Mai 2012

Sind Kaddisch und Ketubba in Aramäisch oder Hebräisch?

Fragesteller unbekannt

  • Das Gebet Kaddisch (wörtlich “Heilige”) wird in seiner bekanntesten Form beim Tod eines nahen Angehörigen gesprochen. Es enthält keine Anspielung auf den Tod, sondern ist eine Preisung G´ttes. Bis auf den Schlußsatz ist es fast ganz in aramäischer Sprache abgefasst, welche in der mutmasslichen Entstehungszeit des Kaddisch im 1. Jahrhundert n.d.Z. die Umgangssprache war.

    Die Ketubba, der Ehevertrag, den der Mann bei einer religiösen Hochzeit der Frau überreicht, ist ebenfalls in aramäisch geschrieben. Die Ketubba regelt die Verpflichtung des Ehemanns gegenüber seiner Gattin. Er verpflichtet sich damit, ihr Unterstützung, Ernährung, gesundes Leben und Freude zu sichern. Im engeren Sinne sichert die Ketubba die drei Rechte der Frau, zu denen sich der Ehemann verpflichtet:
    1. Unterhalt (Sch´era),
    2. Bekleidung (Kesuta),
    3. Geschlechtsverkehr (Onata).
    Die Ketubba regelt auch die finanzielle Absicherung der Frau im Falle einer Scheidung oder des Todes des Mannes. Für die Frau sind in der Ketubba keine Pflichten festgelegt.
    Diese Form der Ketubba wird jedoch nur im orthodoxen Judentum verwendet. Im liberalen Judentum dient die Ketubba den Partnern vor allem als feierliche Erklärung ihrer Liebe für einander und ihrer gegenseitigen Versprechen und Verpflichtungen. Dies schliesst in der Regel auch einen angemessenen Beitrag zum Lebensunterhalt ein, doch nehmen beide Partner gleichermassen diese Verpflichtung auf sich. Viele nichtorthodoxe Ketubot schließen auch einen Absatz mit ein, in dem sich der Bräutigam verpflichtet, seiner Frau auf Verlangen die Scheidung zu gewähren. Weil viele Juden Angehörige anderer Religionen heiraten, gibt es auch Ketubba-Texte für solche gemischtreligiösen Eheschließungen. Dasselbe gilt für die wachsende Zahl gleichgeschlechtlicher jüdischer Partnerschaften, die in einer religiösen Zeremonie besiegelt werden und für die es ebenfalls Ketubot gibt. Nichtorthodoxe Ketubot sind nicht einfach eine Formalität, sondern dienen dem Paar als eine Art feierliches „mission statement“ ihrer Ehe. Entsprechend viel Sorgfalt wird auf die Formulierung verwendet. Dass die Ketubba von Kalligraphen geschrieben und von darauf spezialisierten Künstlern aufwendig gestaltet wird, gehört zu dem “chidur mizvah”, also der “Verschönerung” einer religiösen Verpflichtung. Viele Paare lassen ihre Ketubba rahmen und hängen sie zu Hause an einem Ehrenplatz auf.

    Melissa Dettling, Montag, 14. Mai 2012

Mo 14. Mai 2012

Muss die Frau einer Scheidung zustimmen, damit sie gültig ist?

Fragesteller unbekannt

  • Ja, damit eine Scheidung im religiösen Sinne geschieden werden kann, ist seit dem 11. Jahrhundert auch die Zustimmung der Frau nötig.

    Damit die Scheidung als vollzogen gilt, muss sie von einem rabbinischen Gericht (“bet din”) befürwortet werden. Die Scheidung gilt jedoch solange als nicht vollzogen, bis der Ehemann bei eigenem freien Willen und geistig voll verantwortlich den “Get”, die Scheidungsurkunde, in die bereitwillig ausgestreckten Hände seiner Ehefrau legt. Obwohl nur der Mann die Scheidung einreichen kann, kann dieser unter bestimmten Voraussetzungen von einem Rabbinatsgericht dazu verurteilt werden, sich von seiner Frau zu scheiden. Diese Voraussetzungen liegen etwa dann vor, wenn
    – der Mann seiner Frau den Beischlaf verweigert,
    – er seiner Unterhaltspflicht nicht nachkommt,
    – seine Frau betrügt oder misshandelt oder
    – an einer “abstoßenden Krankheit” leidet.
    Allerdings sind die Sanktionen (etwa der Ausschluss aus der Gemeinde), die ein Rabbinatsgericht heute verhängen kann, in manchen Fällen nicht ausreichend, einen unwilligen Ehemann zur Ausstellung eines Scheidebriefes zu zwingen. Daher ist das böswillige Verweigern der Scheidung und die Erpressung von Ehefrau und Rabbinat durch das Verweigern der Scheidung ein ungelöstes Problem in der religiösen Rechtsprechung des heutigen Israels, wo es keine zivile, sondern nur eine religiöse Form der Ehe gibt.

    Melissa Dettling, Montag, 14. Mai 2012