Der Blog zur
Ausstellung im
Jüdischen Museum
Hohenems
www.jm-hohenems.at

So 6. Mai 2012

Kommt das Verbot Schweinefleisch zu essen aus dem Pentateuch oder wurde es später eingeführt (Rabbinertum)?

R. Heinzle

  • Das Schwein wird in Lev 11,7 als nicht koscheres Tier aufgeführt, da es zwar gespaltene Klauen hat, aber kein Wiederkäuer ist. Ein koscheres Tier muss beide Merkmale vorweisen können.

    Melissa Dettling, Montag, 7. Mai 2012

Sa 5. Mai 2012

Warum tragen bei den orthodoxen Juden Frauen eine Perücke?

U. Vith

  • Orthodoxe jüdische Frauen tragen, sofern sie verheiratet, geschieden oder verwitwet sind eine Kopfbedeckung. Das kann je nach orthodoxer Gruppierung und Mode eine Mütze, ein Hut, eine Perücke oder ein Kopftuch sein. Das Haar wird verdeckt, da kein fremder Mann das Haar einer verheirateten Frau sehen soll. In der Bibel lassen sich mehrere Stellen finden, die auf eine weibliche Kopfbedeckung verweisen. Die Kippa, die Kopfbedeckung für den Mann im orthodoxen Judentum besteht im Gegensatz dazu erst seit dem 16./17. Jahrhundert.

    Melissa Dettling, Montag, 7. Mai 2012

Sa 5. Mai 2012

Warum fühlen sich Juden von Gott auserwählt zum Leiden?

Rossa

  • In traditionellem Verständnis bezieht sich die Auserwählung auf den Bund Abrahams mit Gott. Diese Erzählung handelt von der Grundlegung des Monotheismus, der sich in der jüdischen Tradition aus der alten israelitischen Stammesreligion entwickelt hat.
    Auserwähltheit meint dabei weder eine besondere Auszeichnung noch ein besonderes Leiden, sondern eine besondere Verpflichtung Gottes Gebote zu halten. Am Ende freilich hat dieser Bund – also das jüdische Bekenntnis zum Monotheismus – für Juden häufig zu Leiden geführt.

    Hanno Loewy, Dienstag, 12. Juni 2012

Sa 5. Mai 2012

Warum sagt man, dass Juden eine grosse Nase haben?

Bea

  • Liebe Bea,
    Dieses Vorurteil besteht zusammen mit anderen antisemitischen Klischees nicht erst seit dem 3. Reich, wo die Stereotypisierung der Juden als Fremde und Andere bekanntlich ihren Höhepunkt fand, sondern erste Darstellungen von Juden mit bestimmten Attributen oder Merkmalen lassen sich bereits seit etwa dem 15. Jahrhundert finden. In dieser Zeit wurden Juden meist mit sogenannten Spitzhüten oder zusammen mit einem Schwein, einer sogenannten “Judensau” abgebildet.
    In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind Ansätze der Judenemanzipation sichtbar. Juden wurden von Berufsverboten und verschiedenen Diskriminierungen befreit. In der Folgezeit kam es zur immer stärkeren Assimilation, d.h. der Verschmelzung von Juden und Christen im Alltag. Das setzte in vielen Bereichen kreative Energie im Judentum frei, die Deutschland zu gute kam.
    Jedoch endeten diese Gleichstellungsbemühungen gegen 1815 mit dem Wiener Kongress. Die Hoffnungen des liberalen Bürgertums auf einen Nationalstaat waren zerstört und auch die unteren Schichten waren desillusioniert. Vor allem nach den Missernten 1816/17 entluden sich die Aggressionen gegen die Juden. Oftmals reichte schon ein geringfügiger Anlass, wie etwa Preissteigerungen, aus, um die Juden zum “Sündenbock” für die schlechte Wirtschaft zu erklären.
    Diese Zeit war auch der Beginn der sogenannten “Hepp-Hepp-Bewegung”. Unterstützt wurde diese von antijüdischen Autoren, die vor der Gleichstellung der Juden warnten. Die dabei entstanden akademischen Hetzschriften machten den Antisemitismus salonfähig. Die Verbreitung von Plakaten, Parolen und Karikaturen war die Folge. Diese schürten v.a. in den unteren Schichten den Hass, so dass es zu erneuten Pogromen kam.
    In diesen Darstellungen der Juden sind diese wie in Karikaturen üblich mit sehr überzeichneten körperlichen Merkmalen dargestellt, die ihnen angedichtet wurden, wie beispielsweise eine grosse krumme Nase, schwarze Augen und Haare oder gar ein Schweif. Das Bild vom Juden mit der langen Nase wurde so ab Mitte des 19. Jahrhunderts in breiteren Bevölkerungskreisen zum Allgemeingut.
    Mehr zum Thema zum Beispiel auf:
    http://www.judentum-projekt.de/geschichte/neuzeit/antisemi/antisemi.html

    Krass sind auch Darstellungen von und Texte über Juden in Kinderbüchern.
    Ein Text und Bilder dazu zum Beispiel auf: http://www.gelsenzentrum.de/stuermer.htm

    Melissa Dettling, Montag, 7. Mai 2012

Fr 4. Mai 2012

Wie gelingt es Juden in Österreich korrekt zu leben? Infrastruktur…

Gerd Neuhold

  • Die Frage ist natürlich: was ist korrekt?
    Für religiöse Juden, auch der verschiedenen orthodoxen Richtungen, gibt es in Wien alles, was es zum Leben braucht, koschere Lebensmittelgeschäfte und Metzgereien, eine Mikwe, Synagogen und Betstuben der verschiedenen Gruppierungen.
    Außerhalb von Wien ist es schwieriger, orthodox zu leben. Aktive Synagogen existieren auch in Baden, Graz, Linz, Salzburg und Innsbruck. Aber für koschere Geschäfte ist der Markt außerhalb Wiens zu klein – zumal in winzigen jüdischen Gemeinden, deren Mitglieder ihre eigene Jüdischkeit zumeist nicht durch die Speiseregeln definieren.

    Über jüdisches Leben in Wien kann man sich leicht informieren, z.B. über das neue jüdische Stadtmagazin Wina. (http://www.wina-magazin.at/)

    Hanno Loewy, Samstag, 5. Mai 2012

Mi 2. Mai 2012

Warum ist man gleich Antisemit, wenn man Israel kritisiert?

Liane Vonnahme

  • Ist man das? Behauptet das ernsthaft jemand?

    Ist es wirklich so schwer, Kritik an israelischer Politik von Kritik an “Israel” zu unterscheiden? Oder auch eine vielleicht etwas pauschal formulierte aber durchaus legitime Kritik an Israel von antisemitischem Ressentiment.
    Zumeist genügt es einen einfachen Test zu machen. Lässt sich das Wort “Israel” allzu leicht durch das Wort “Juden” ersetzen?

    Nehmen wir ein einfaches Beispiel: Das “Gedicht” von Günter Grass, über das derzeit alle diskutieren.

    Hat Günter Grass die israelische Politik kritisiert?

    Hat er gesagt, dass die Israelis eine brutale Besatzungspolitik betreiben, dass sie einen Angriff auf Atomfabriken vorbereiten, der den Konflikt gefährlich verschärfen könnte, dass das israelische Parlament Gesetze verabschiedet, die die Rechte der arabischen Israelis beschneiden? Hat er von Kriegsverbrechen der israelischen Armee in Gaza gesprochen? Hat er die Siedlungspolitik angegriffen, die immer größere Teile der besetzten Gebiete zu israelischem Territorium macht und damit eine Zweistaatenlösung unmöglich?

    Das wäre Kritik an Israel gewesen, über die man hätte ernsthaft reden können.
    Es hätte sich freilich auch niemand besonders darüber aufgeregt, denn das steht ja jeden Tag in der Zeitung, das ist das Gegenteil von einem “Tabu”.
    Grass hätte weder die wütenden Reaktionen ausgelöst noch die frenetische Begeisterung anderer – und er hätte auch die israelische Regierung nicht dazu verlockt, ihre eigene politische Klientel mit so einem demagogischen Unsinn wie einem “Einreiseverbot” zu begeistern.

    Aber merkwürdig genug, all das hat Grass nicht getan. Er hat eigentlich gar nicht über israelische Politik gesprochen.

    Grass hat sich in seine Fantasie verrannt, die Israelis würden einen atomaren Erstschlag gegen den Iran planen und würden das “iranische Volk auslöschen” wollen, also einen Holocaust vorbereiten. Nun, daran denken in Israel nicht einmal die kriegslüsterndsten Falken – im Gegensatz zu (umgekehrt) manchen iranischen Politikern, die freilich damit auch eher ihrem eigenen Volk und Konkurrenten im islamischen Lager die Muskeln zeigen wollen.
    Er hat behauptet, Israel sei die größte Gefahr für den Weltfrieden. (Nun, das haben – man tausche Israel gegen Juden – in Deutschland tatsächlich zuletzt die Nazis behauptet.)
    Er hat sich selbst als “Überlebender” bezeichnet, und offen gelassen, ob er damit das Überleben seiner Teilnahme als Soldat und NSDAP-Mitglied im Zweiten Weltkrieg meint, oder das Überleben des von Israel geplanten kommenden Holocaust und Weltkriegs.
    Er hat behauptet, er würde jetzt endlich die Wahrheit sagen (so als habe er bislang immer gelogen? Aus Zwang?).
    Er hat behauptet, er dürfe so etwas nicht schreiben. (Nun bis jetzt hat es ihm niemand verboten. Und das, obwohl es in einem Rechtsstaat durchaus verboten ist, irgendwelche absurden Dinge über Leute zu verbreiten.)
    Er hat, wie er pathetisch sagt, mit “letzter Tinte” geschrieben. Ist dieses Gedicht also sein Vermächtnis, sein Testament?

    Mit Kritik an Israel hat das alles eigentlich nichts zu tun, nicht einmal mit harscher Kritik. Hier schreibt einer über seine eigenen Alpträume, seine Schuldkomplexe und seine Verschwörungstheorien. Das ist noch nicht unbedingt Antisemitismus. Es ist bloß die Suppe aus dem er meistens entsteht. Aber vielleicht ist Grass in diesem Fall ja wirklich die Tinte ausgegangen.

    Das Problem ist, solches Ressentiments ist genau das, was es schwerer und nicht leichter macht Israel und seine Politik zu kritisieren. Denn gegen solches Ressentiment, nicht gegen die legitimen Interessen der Palästinenser, muss man Israel tatsächlich verteidigen. Selbst dann, wenn man seine Politik trotzdem radikal kritisiert.

    Hanno Loewy, Samstag, 5. Mai 2012

Di 1. Mai 2012

Warum ließen sich immer mehr Männer beschneiden?

Mathilde Schnezer

  • Liebe Mathilde Schnezer,
    Wenn Du meinst, “immer mehr” seit Abraham, dann müsste die Antwort folgendermassen lauten:
    Laut Genesis 22,1-19 war Abraham nicht beschnitten. Sein Sohn Isaak, laut biblischer Erzählung, sehr wohl. Nun wissen wir über diese Familie ja nur aus der biblischen Überlieferung, auf die man sich nicht allzusehr verlassen sollte. Ob Beschneidungen am südlichen Euphrat (also der Heimat Abrahams) zu jener Zeit, von der hier erzählt wird, üblich waren, wissen wir nicht sicher zu sagen.
    Da die Frage aber auf die Kinder von Abraham kommt: Abrahams unehelicher Sohn Ismail, den Muslime viele Jahrhunderte später zu ihrem Stammvater erklärten, soll ebenso beschnitten worden sein.
    Über die Details dazu gibt es allerdings lange theologische Debatten. Ebenso, wie über die Frage, wer denn nun eigentlich geopfert werden sollte (Isaak oder Ismail). Die Erbitterung, mit der diese letzte Frage teilweise diskutiert wird, steht in einem reziproken Verhältnis zu dem Mangel an Beweisen dafür, dass diese Leute jemals existiert haben, oder gar der Folgen ihrer Familienstreitigkeiten bewusst gewesen wären. Ebensoviele Beweise (nämlich keine) gäbe es für die These, dass die Juden von Ismail und die Muslime von Isaak abstammen. bzw. von deren Müttern Hagar und Sarah.

    Der Ursprung der Beschneidung ist unklar, es gibt jedoch neben der Bibel auch noch andere historische Quellen, die eine Beschneidung am menschlichen Geschlechtsteil belegen.
    Bilder und noch mehr Informationen zum Beispiel auf Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Zirkumzision

    Melissa Dettling, Montag, 7. Mai 2012

  • Warum immer mehr Männer? Die Juden haben die Beschneidung nicht erfunden. Zu jener Zeit, als der mythische Abraham gelebt haben soll, war Beschneidung auch im Alten Ägypten verbreitet. Von den Juden haben die Muslime die Beschneidung übernommen, sie allerdings Abraham und seinem ersten Sohn aus der Verbindung mit seiner “Magd” Hagar, also Ismail zugeschrieben. Viele andere Völker im Altertum haben die Beschneidung als Brauch gehabt. Sehr viel später hat man festgestellt, dass die Beschneidung von Männern bestimmte Krankheitsrisiken vermindern soll. Ganz bewiesen ist das aber noch nicht nicht. Aber nicht zuletzt in den USA, werden deswegen etwa die Hälfte der männlichen Neugeborenen beschnitten.

    Hanno Loewy, Dienstag, 12. Juni 2012

Di 1. Mai 2012

Was genau ist der Unterschied zwischen Judentum und Zionismus? Wer war Zion?

Monika und Carola

  • Liebe Monika und Carola,
    Zionismus meint die Bestrebung einen jüdischen Staat zu gründen und ging von Theodor Herzl aus, der in seinem Buch “Der Judenstaat” allerdings nicht nur das Gebiet des damaligen Palästina vorschlug, sondern beispielsweise auch Argentinien. Die Forderung des Zionismus wurde mit der Gründung des Staates Israel 1948 erfüllt. Der Begriff “Zionismus” wurde 1880 von Nathan Birnbaum, einem Schriftsteller, geprägt, welcher sich dabei auf den heiligen Berg Zion bei Jerusalem bezog.
    Der Begriff “Judentum” hingegen meint einiges mehr als die Bestrebung, sich im heiligen Land niederzulassen und nicht alle Juden fühlten und fühlen sich mit dieser Idee verbunden.

    Melissa Dettling, Freitag, 4. Mai 2012

Di 1. Mai 2012

Was gibt Israel das Recht, Palästina als ihr Land zu sehen?

Carola

  • Liebe Carola,
    Deine Frage setzt voraus, Israel als Besetzer des Landes Palästina zu sehen. Aber ist das so?
    Im Grunde sind es zwei Namen für dasselbe Land. Und das macht das ganze eben so schwierig.
    Auf diesem Gebiet befand sich (ich bin nicht sicher, ob ich die genaue Reihenfolge nun richtig wiedergebe und ob meine Aufzählung vollständig ist) vor langer Zeit das Land verschiedener rivalisierende Stämme unter ägyptischem Einfluss, das Reich der Philister, phönizische Stützpunkte, dann ein jüdisches Königreich, dann zwei jüdische Königreiche, dann eine babylonische Provinz, dann eine persische Provinz, dann eine syrisch-hellenische Provinz, dann wieder ein jüdisches Königreich, dann eine römische Provinz, dann eine arabische Provinz, dann ein christliches Kreuzfahrerreich, dann wieder eine arabische Provinz, dann eine osmanisch-türkische Provinz, dann schließlich, nach dem 1. Weltkrieg, ein englisches Völkerbundprotektorat mit dem Namen Palästina. Seit mehr als 2000 Jahren haben auf diesem Gebiet immer Juden und Araber gelebt, letztere waren in ihrer Mehrheit ab dem späten 7. Jahrhundert muslimisch, aber es gab auch starke christliche, aramäische und andere Minderheiten.
    Das englische Völkerbundmandat war daran gebunden, den Juden, die dies wollen, die Möglichkeit zur Errichtung einer nationalen Heimstätte zu eröffnen.
    Dies freilich unter der salomonisch formulierten Bedingung, dass die Rechte der übrigen Bevölkerung in Palästina dadurch nicht verletzt werden sollen und auch nicht die Interessen der Juden, die in der Diaspora leben wollen.
    Wir alle wissen, dass die Geschichte nicht so verlaufen ist, wie der Plan des Völkerbundes aussah. Die Mehrheit der Araber wollte keine “nationale jüdische Heimstätte” und viele Juden wollten, vor allem nach dem Holocaust, keine “Heimstätte” sondern einen eigenen “Staat”, eben Israel. Je nach dem, von wo aus man diesen Konflikt betrachtet, sieht er nun völlig anders aus.
    Die UNO hat 1947 die Teilung des Landes beschlossen, eine Teilung, die zwar den größeren Teil des Gebietes Israel zusprach, die Hälfte davon allerdings kaum bewohnbare Wüste. Die arabischen Nachbarn lehnten den Teilungsplan ab, die Zionisten stimmten ihm zu. Die arabischen Nachbarn griffen den neuen Staat an und dachten, sie hätten ein leichtes Spiel. Und sie begannen gleich einmal ihre Armeen auch gegeneinander aufmarschieren zu lassen um sich ein möglichst großes Stück des Kuchens zu sichern. Doch dazu kam es nicht.
    Die Israelis vertrieben einen Teil der arabischen Bevölkerung, ein anderer Teil folgte dem Aufruf des Mufti von Jerusalem, der sie aufforderte, Israel zu verlassen um Israel ungestört angreifen und vernichten zu können. Israelis verübten Terror an Arabern, Araber verübten Terror an Israelis. Und dann gab es noch ein paar Kriege und 1967 besetzten israelische Truppen im 6 Tage Krieg schließlich den Gazastreifen und die sogenannte Westbank, die vorher von Ägypten und Jordanien besetzt waren.
    So etwas nennt man einen unlösbaren Konflikt in dem keiner wirklich Recht hat. Außer das Recht, dort zu existieren, wo er oder sie lebt.

    Auch Staaten haben kein “historisches Recht”. Es sei denn man einigt sich und begründet vertraglich ein solches Recht. Bis dahin gilt leider das Recht des Stärkeren, also letztlich der Kriegszustand, unter dem beide Seiten nun am meisten leiden.

    Gute Ratschläge von außen bekommen beide Seiten genug. Aber meistens gießen diese Ratschläge von außen vor allem Öl ins Feuer des Konflikts. Besonders aus Europa klingen solche Ratschläge eher seltsam. Ausgerechnet hier, wo man sich gerade besonders schwer tut, selbst einer im wesentlichen friedlich vor sich hin lebenden muslimischen Minderheit halbwegs gleiche Rechte einzuräumen, ausgerechnet von hier aus fordert man von Israelis und Palästinenser, Arabern und Juden gleichermaßen, zivil und tolerant gegenüber den jeweils anderen, religiösen und kulturellen Minderheiten zu sein, je nach dem auf welcher Seite. Solche Ratschläge klingen manchmal fast schon zynisch.

    Am Ende aber werden beide Seiten im Nahen Osten realisieren müssen, dass sie gemeinsam auf diesem Territorium werden leben müssen, in einem oder zwei oder drei Staaten, die – egal ob einer oder zwei oder drei – nichts anderes sein können, als die Verfassung ihrer Bevölkerung. Und diese Bevölkerung wird wohl in jedem Fall vielfältig und widersprüchlich sein. Wenn das irgendwann einmal gut geht, dann wird es vermutlich nicht an den guten Ratschlägen aus Europa liegen, wo einmal mehr mit Ressentiments gegen Minderheiten Politik gemacht wird. Mal schauen, ob es in der Schweiz oder in Österreich schneller möglich sein wird, eine richtige Moschee zu bauen, oder in Israel/Palästina eine Moschee in einem jüdischen Viertel und eine Synagoge in einem muslimischen. Topp, die Wette gilt.

    Hanno Loewy, Donnerstag, 3. Mai 2012