Di 10. April 2012
An wen glauben Juden?
Sven Neubauer
Di 10. April 2012
Inga Neubauer
Nein, denn den Euro gibt es erst seit zehn Jahren.
Hanno Loewy, Mittwoch, 11. April 2012
Di 10. April 2012
Sven Neubauer
Meinst Du a)die Bedeutung des Wortes “Jude” oder b)wie einzelne Juden zu ihren Namen kamen?
a) Das deutsche Wort “Jude” kommt vom hebräischen “yehudi” was soviel wie “Bewohner des Landes” bedeutet.
b) Ihren Namen bekommen Juden wie die meisten anderen Menschen auch von ihren Eltern.
Melissa Dettling, Mittwoch, 11. April 2012
Di 10. April 2012
Sven Neubauer
Als im Mittelalter viele Juden aus Deutschland nach Osten flohen und in Polen und Russland eine neue Heimat fanden, nahmen sie ihr mittelalterliches Deutsch mit, dass sie selbst auch mit hebräischen Buchstaben schrieben. Und daraus wurde das sogenannte “Jiddisch”, in dem sich Deutsch und Hebräisch, und ein wenig Polnisch oder Russisch verbanden. Wenn man genau hinhört, kann man “Jiddisch” auch dann ganz gut verstehen, wenn man eigentlich nur Deutsch spricht.
Jiddisch wird wie Hebräisch von rechts nach links und mit hebräischen Buchstaben geschrieben. Wie diese aussehen kannst Du im Internet (indem Du zum “hebräisches Alphabet” in eine Suchmaschine eingibst) oder bei Deinem nächsten Besuch im Jüdischen Museum anschauen.
Melissa Dettling, Mittwoch, 11. April 2012
Di 10. April 2012
Sven Neubauer
Ja, es gibt es vier Hauptuntergruppen des Judentums: Orthodoxes, Liberales und Konservatives Judentum und Rekonstruktionismus, die sich wie im Christentum mit evangelisch und katholisch in ihrer Ausübung der Religion unterscheiden.
Melissa Dettling, Mittwoch, 11. April 2012
Tja, und dann gibt es noch ziemlich viele Juden, die sich keiner der verschiedenen eher gläubigen Richtungen zuordnen lassen wollen und gar nicht religiös sind, sondern das Judentum eher als kulturelles oder soziales oder familiäres Erbe ansehen.
Hanno Loewy, Mittwoch, 11. April 2012
Di 10. April 2012
Inga Neubauer
Liebe Inga,
ja, das ist so.
Vor dem Beginn des zweiten Weltkriegs und dem Holocaust (also dem Massenmord an den europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutsche Reich) lebten in der Welt mehr als 17 Millionen Juden. Ungefähr 6 Millionen Juden wurden zwischen 1939 und 1945 ermordet.
Heute sind es wieder ungefähr 14 Millionen Juden, die in aller Welt leben, wobei dabei zumeist nur jene gerechnet sind, die jüdischen Gemeinden angehören.
Etwa 5,7 Millionen Juden leben in Nordamerika (USA und Kanada), ebenfalls 5,7 Millionen sind jüdische Israelis, fast 500.000 leben in Frankreich und fast 300.000 in Großbritannien, etwa 200.000 in Russland und ungefähr 180.000 in Argentinien, und etwa 120.000 in Deutschland – um nur die größten Gemeinschaften zu nennen.
Hanno Loewy, Samstag, 14. April 2012
Di 10. April 2012
Inga Neubauer
Liebe Inga,
wie so oft kann man das eigentlich nur für jeden einzelnen Menschen beantworten. Es gibt also wirklich viele verschiedene Antworten auf Deine Frage.
Religionen haben es oft nicht einfach miteinander, schließlich glauben alle, dass sie etwas besonderes sind. Und es ist nicht leicht zu akzeptieren, dass auch die anderen vielleicht Recht haben.
Wenn man in der Minderheit ist, dann gibt es oft den Druck, sich der Mehrheit, vielleicht auch der Religion der Mehrheit anzupassen. Auch Juden wurden oft von den Christen unter Druck gesetzt, Christen zu werden. Manchmal haben sie sich dem Druck gebeugt, manchmal haben sie sich aber auch für das Christentum begeistert und sind freiwillig Christen geworden, so wie heute manchmal Christen zum Islam übertreten oder auch zum Judentum.
Auf der anderen Seite gibt es in jeder Religion schöne Dinge und weniger schöne Dinge. Und wenn man sich selbst nicht nur für die eigene Religion interessiert sondern auch für die anderen, dann kann das ein großer Gewinn sein. Auch viele Juden schätzen manches, was andere Religionen hervorgebracht haben, sehr.
Hanno Loewy, Samstag, 14. April 2012
Mo 9. April 2012
Meret
Der Begriff “Holocaust” (wörtlich “Brandopfer”) wurde ab 1943 für den nationalsozialistischen Massenmord an den europäischen Juden verwendet. Seit 1948 alternativ auch das hebräische Wort “Shoa” (“Katastrophe, Untergang, Zerstörung”), welches mit Claude Lanzmanns Film “Shoa” auch im deutschen Sprachraum bekannt wurde. Als hebräisches Wort hat sich “Shoa” allerdings bis jetzt jedoch nicht durchsetzen können.
Beide Begriffe können verwendet werden. In der wissenschaftlichen Debatte gibt es keine Einigkeit darüber, welcher Begriff bevorzugt benutzt werden sollte, da beide eine gewisse Problematik der Ungenauigkeit in sich bergen.
Auf Wikipedia werden die Unterschiede zwischen den beiden Begriffen noch genauer erläutert: http://de.wikipedia.org/wiki/Holocaust_(Begriff)
Melissa Dettling, Dienstag, 10. April 2012
Mo 9. April 2012
Brigitte Oberholzer
Da müssten wir zuerst klären, ob es überhaupt Zufälle gibt…
Melissa Dettling, Mittwoch, 11. April 2012
Mo 9. April 2012
Brigitte Oberholzer
Liebe Brigitte Oberholzer,
die Diskussion darüber füllt ganze Bibliotheken – eine einfache Antwort darauf können auch wir nicht geben. Und einzelne Buchtitel zu nennen ist bei diesem durchaus kontroversen Thema schwierig. Am Besten nehmen Sie Saul Friedländers Gesamtdarstellung zur Hand: “Das Dritte Reich und die Juden”. Darin findet sich die wohl vielschichtigste Beschreibung, die es dazu gibt.
Im Grunde ist Ihre Frage bei uns an der “falschen” Adresse. Denn schließlich ist es eine Frage an die Täter und an die deutsche und österreichische Gesellschaft, oder an Institutionen die sich mit der Geschichte Deutschlands und Österreichs und Vorarlbergs beschäftigen. Trotzdem wird sie immer wieder in Jüdischen Museen gestellt. Und häufig wird sie Juden gestellt. In anderen Fällen hält man Opfer eigentlich nicht für die geborenen Experten für die Motive der Täter. Es ist ein wenig so, wie wenn man Frauen fragt, warum sie vergewaltigt wurden. Dahinter steckt manchmal, leider gar nicht selten, nämlich auch die Frage: “Was hast Du dazu beigetragen?” Da wird einem unwohl und deswegen haben viele Mitarbeiter jüdischer Museen bei solchen Fragen einen ersten Impuls des Widerstands.
Und doch gibt es auch andere Gründe, warum diese Frage gestellt wird. Einer dieser Gründe ist tatsächlich, dass es doch auch und gerade die Opfer waren, die nach 1945 überhaupt die Spuren der Verbrechen systematisch sicherten. Und dass sich tatsächlich viele Juden fragten, warum Ihnen das geschah. Und schließlich: Jüdische Museen sind keine “jüdischen Institutionen” sondern Orte der Auseinandersetzung mit Fragen jüdischer Geschichte. Und jüdische Geschichte lässt sich von solchen Fragen kaum trennen.
Judenfeindlichkeit hat es im christlichen Europa immer gegeben, mal virulent und mal offen. Das hat mit den Ursprüngen des Christentums zu tun. (Siehe dazu unsere Antwort auf die Frage “Warum verfolgte man die Juden?” am 4. April)
Seit dem 19. Jahrhundert haben sich solche traditionellen judenfeindlichen Ressentiments mit dem modernen Nationalismus verbunden und mit dem aufkommenden Rassismus. So entstanden politische Bewegungen, die sich explizit als “antisemitisch” verstanden und die angebliche “Judenfrage” als nationale und als Rassenfrage “lösen” wollten. Solche Bewegungen waren besonders in Österreich (die christlichsoziale Partei) und in Deutschland stark, aber um 1900 zeitweise auch in Frankreich besonders ausgeprägt (dort verbunden mit der verbreiteten Phantasie, die Juden wären “feindlliche Agenten” der Deutschen…). Im Grunde gab es sie in ganz Europa und auch darüberhinaus.
Nach dem ersten Weltkrieg stießen antisemitische Strömungen dann vor allem in Österreich und Deutschland auf einen fruchtbaren Boden, schließlich suchte man für die Erfahrung des verlorenen Krieges einen Sündenbock.
Hinzu kamen viele unterschiedliche Motive, traditionelle religiöse und soziale: auch für die Spaltung der Gesellschaft, die durch die wachsenden sozialen Gegensätze im Zeichen kapitalistischer Wirtschaft gekennzeichnet war, suchte man einen äußeren Feind verantwortlich zu machen. Und besonders überzeugend wirkten in der sich zuspitzenden wirtschaftlichen Krise um 1930 schließlich jene Vorstellungen, die einen äußeren Feind im Innern identifizieren konnten: also eine soziale Gruppe, die zugleich innen und außen war. Juden waren dies in besonderer Weise, als in bestimmten Berufen erfolgreiche Minderheit exponiert, und durch lange kultivierte jederzeit wachzurufende Ressentiments der Mehrheit besonders leicht auszugrenzen. Gegen sie war schon immer Neid zu mobilisieren, sie waren immer wieder das Ventil für sich aufstauende soziale Konflikte.
Im Nationalsozialismus, der sich anschickte, die Weltherrschaft zu erlangen und der die Deutschen (und Österreicher) als zur Herrschaft “auserwähltes Volk” ansah, nahm das Projekt, Deutschland, dann Europa, dann die Welt “judenfrei” zu machen, schließlich einen zentralen Stellenwert ein. Ihre Beseitigung (ein schönes Wort für etwas, das schließlich nur als Mord realisierbar war) wurde schließlich als Schlüssel zur Lösung aller Probleme angesehen. Juden gab es schließlich überall, das heißt, sie “treffen” zu wollen gab die perfekte Legitimation für den eigenen Größenwahn, den Krieg gegen die ganze Welt. Und zugleich konnte man damit auch die besetzten Länder und ihre Bevölkerungen mit vor den eigenen Karren spannen. Denn Antisemitismus gab es dort auch.
Schließlich hatte das Ganze auch noch eine “praktische” Seite: man konnte sich bereichern, Konkurrenten loswerden, Karrieren machen. Das war zwar nicht die Erklärung für die Verfolgung, aber es brachte zusätzlichen, persönlich motivierten Antrieb ins Geschehen, machte es leichter, mitzumachen, korrumpierte, band ein, gab dem ganzen den Ganzen (aus der Perspektive der Individuen) den Charakter “rationaler” Handlungen.
Hanno Loewy, Mittwoch, 11. April 2012
Lieber Sven,
nun, Menschen glauben an viele Dinge. Aber religiöse Juden glauben an Gott und daran, dass seine Gesetze befolgt werden sollen. Heilige wie in der katholischen Kirche gibt es im Judentum nicht (aber auch nicht bei den protestantischen Christen oder bei den Muslimen).
Hanno Loewy, Mittwoch, 11. April 2012