Der Blog zur
Ausstellung im
Jüdischen Museum
Hohenems
www.jm-hohenems.at

Di 24. Juli 2012

Andere Länder brechen Mauern ein (1989 Berlin). Warum wird eine Mauer in Jerusalem gebaut?

Manuela

  • Nun, die Zahl der Mauern nimmt weltweit leider deutlich zu und nicht ab. Die Europäische Union riegelt sich im Osten an der Grenze zur Ukraine, nach Weißrussland oder zur Türkei ab. Spanien baut meterhohe Mauern und Stacheldrahtzäune um seine Enklaven in Afrika, Ägypten hat eine Mauer zum Gazastreifen errichtet, und die USA hat einen befestigten Grenzzaun (teilweise auch eine Mauer) nach Mexiko hin errichtet. Insofern ist der Fall der Berliner Mauer leider bislang eher die große Ausnahme.
    Die Mauern und Zäune, die Israel zum Teil in der Nähe der Grünen Linie (also der Grenze bis 1967), zum Teil aber auch quer durch die Westbank und zwischen verschiedenen Teilen Jerusalems zieht, ist zugleich das Resultat einer tragischen Besatzungspolitik und der durchaus erfolgreiche Versuch, das eigene Territorium vor Attentätern zu schützen.
    Leider rechtfertigt das zweite Anliegen den tatsächlichen Verlauf der israelischen Grenzbefestigungen nur zum Teil. Mit den Zäunen und Betonmauern werden auch Siedlungen und Teile des besetzten Ost-Jerusalems quasi israelischem Territorium einverleibt, eine Praxis gegen die die israelische Friedensbewegung leider ohne sichtbare Erfolge seit vielen Jahren kämpft.
    Was folgt daraus: man sollte wohl über den Mauern in Israel, in Jerusalem und in der Westbank nicht die vielen anderen Mauern vergessen, die gerade wachsen und wachsen, und für die wir selber mit verantwortlich sind – und die zum Teil sehr viel mehr Menschen betreffen. Alles andere wäre Heuchelei. Und natürlich das Unrecht im Nahen Osten ein Unrecht nennen, auch wenn es nicht das einzige und nicht das schlimmste in der Welt ist.
    Eine Lösung für Jerusalem zu finden ist aber wohl das schwierigste Unterfangen, solange Christen, Juden und Muslime diese Stadt für sich beanspruchen und keine wirklich neutrale Instanz in Sicht ist, wird es schwierig sein, hier mit guten Ratschlägen Erfolg zu haben.

    Hanno Loewy, Freitag, 27. Juli 2012