Der Blog zur
Ausstellung im
Jüdischen Museum
Hohenems
www.jm-hohenems.at

Sa 21. Juli 2012

Beschneidung: Wird die Vorhaut eingeschnitten oder wieviel wird weggeschnitten?

Gabi

  • Du willst es aber genau wissen, Gabi. Letztlich kommt es natürlich auf das Alter des Kindes an. Die Vorhaut wird durch einen Schnitt entfernt. Und das ist im Grunde ein harmloser kleiner Eingriff. Keiner hat sie je vermisst. Sie ist ohnehin eher störend und bringt ein paar gesundheitliche Risiken mit sich, die man sich so ersparen kann.
    Bei Juden findet die Beschneidung acht Tage nach der Geburt statt. Da geht es nur um ein winziges Stück Haut. Wenn man mit der Beschneidung bis zur Pubertät oder noch länger wartet, ist das Stück Haut natürlich größer. Aber die Vorhaut muss ganz entfernt werden. (Und das ist schon aus medizinischen Gründen auch gut so.)

    Hanno Loewy, Freitag, 27. Juli 2012

Sa 21. Juli 2012

Sind besonders viele Juden “Banker”, Besitzer von Banken (weltweit)?

anonym

  • Nein, wie kommen Sie darauf?

    Hanno Loewy, Freitag, 27. Juli 2012

Sa 21. Juli 2012

Warum werden Juden beschnitten? (In der Ausstellung wird diese Frage nicht beantwortet)

Birgit Netzer

  • Uns hat einfach mehr die Frage interessiert, warum diese Frage ausgerechnet den Juden gestellt wird, die weltweit eher eine kleiner Zahl von Beschnittenen ausmachen, von insgesamt ca. 33 % der männlichen Weltbevölkerung. Im Judentum ist die Beschneidung wohl das elementare Zeichen der Zugehörigkeit zum jüdischen Volk, so wie die Taufe wohl das zentrale Zeichen der Zugehörigkeit zum Christentum darstellt. Ähnliches gilt für den Islam, wo die Beschneidung ebenfalls zu den wichtigsten Ritualen der Zugehörigkeit gehört. Das erklärt, warum Juden und Muslime die derzeitige Diskussion nicht wirklich lustig finden. Es geht um nicht mehr und nicht weniger, als um die Frage, ob Juden und Muslime in Deutschland, Österreich oder der Schweiz überhaupt als Gemeinden leben dürfen, oder nicht. Das weckt unangenehme Erinnerungen.

    Hier noch unsere längere Antwort vom 15. Juni:

    Schon in der Vorbereitung der Ausstellung hat uns überrascht: das ist eine der drei am häufigsten Fragen über und an Juden überhaupt, die in jüdischen Museen gestellt werden.

    Bei manchen Fragen sind uns selbst Fragen gekommen. Zum Beispiel die: warum werden immer Juden gefragt, warum es die Beschneidung gibt.
    Von den Männern, die auf der Welt beschnitten sind, und zwar aus den unterschiedlichsten Gründen, sind nur ein Bruchteil Juden. Die meisten sind Muslime, christliche Amerikaner, oder Afrikaner und Asiaten unterschiedlichster Religionen. Insgesamt sind 33% der männlichen Weltbevölkerung beschnitten.

    Aber bei der Vorbereitung unserer Ausstellung haben wir verblüfft zur Kenntnis genommen, dass die Frage nach der Beschneidung von Juden offenbar die meisten Menschen beschäftigt, mehr als alles andere. Und wir dachten, diese Frage müssten wir einmal an unser Publikum zurückgeben.
    Dass diese Frage so häufig (und gerade in Bezug auf das Judentum) gestellt wird, hat uns vor allem deswegen verwundert, da die traditionellen Begründungen dafür, dass verschiedene Kulturen das Ritual der Beschneidung entwickelt haben, ja jeder im Internet nachlesen kann. An Information zu diesem Thema mangelt es wahrlich nicht. Hier ein guter Überblick dazu:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Zirkumzision

    Die Antworten sind vielfältig und reichen von Theorien über das Opfer bis zu hygienischen Motiven. Kontrolle der Sexualität wird als Motiv genannt (obwohl das für heutige Formen von Beschneidung von Männern wohl kaum zutrifft) und natürlich die Abschaffung des Menschenopfers und der Ersatz durch ein symbolisches Opfer. Die verschiedenen Theorien widersprechen einander zum Teil, zum Teil ergänzen sie sich. Auch dass die Beschneidung der männlichen Vorhaut bestimmte Krankheitsrisiken mindert, ist nicht in jedem Fall zweifelsfrei erwiesen, wird aber gerade in den USA allgemein angenommen.

    Im Judentum herrscht die Legende vor, dass Abraham seine Söhne als erster beschnitten habe, einer Weisung Gottes entsprechend. »Ich bin der Herr, der dich aus Ur in Chaldäa geführt hat, ich gebe dir das Land zu Besitz. Deine Nachkommen sollen wie die Sterne am Himmel sein« Und in Genesis 17,10-14 steht, dass die Beschneidung der männlichen Nachkommen als Zeichen dieses Bundes dienen soll. Dazu muss man natürlich glauben, dass Gott Weisungen erteilt, und das Abraham wirklich gelebt hat, obwohl er eine mythische Figur ist.
    All diese offenen Fragen ändern allerdings nichts daran, dass die Beschneidung für Juden im Laufe der Jahrtausende zum zentralen Symbol der Zugehörigkeit geworden ist, vergleichbar allenfalls dem “Sakrament der Taufe” im Christentum.

    Aber die Juden haben das Ritual ja gar nicht erfunden. Es gibt Beschneidungsdarstellungen aus dem alten Ägypten, die sehr viel länger zurückreichen. Und Beschneidungen waren schon zu Zeiten des mythischen Abraham offenbar in verschiedenen Völkern und Stämmen verbreitet. Die Diskussion darüber wird vermutlich weitergehen.

    Hanno Loewy, Freitag, 27. Juli 2012

Sa 21. Juli 2012

Wie viele Juden leben derzeit in Vorarlberg?

Moritz Moser

  • Es gibt keine genauen Zahlen, da sich nicht alle Juden, die heute in Vorarlberg leben, öffentlich als solche “deklarieren”, zum Beispiel, in dem sie Mitglied der jüdischen Gemeinde, also der “Israelitischen Kultusgemeinde von Tirol und Vorarlberg” werden.
    Es werden 60 bis 100 Menschen sein, die zumeist in den letzten zwanzig Jahren zugewandert sind, aus Israel und Russland, aus den USA oder aus der Schweiz, aus Deutschland oder anderen Ländern der Welt.

    Mitte des 19. Jahrhunderts lebten etwa 600 Juden in Vorarlberg, alle in Hohenems, dem einzigen Ort, wo ihnen die Ansiedlung erlaubt war. Mit der Gleichstellung und Ansiedlungsfreiheit seit den 1860er Jahren wurde die Gemeinde in Hohenems immer kleiner, man zog in die Städte, in der Schweiz, in Österreich, Italien, im übrigen Europa und in Übersee. 1938 lebten nur noch 15 Juden in Hohenems, vielleicht 40 in ganz Vorarlberg. 1942 lebte kein Jude mehr in Vorarlberg.
    Nach dem Krieg lebten hier mehr als 1000 jüdische Überlebende des Holocaust und wanderten so bald sie konnten in die USA und nach Israel, aber auch nach Wien oder Antwerpen ab. Inzwischen leben wieder mehr Juden in Vorarlberg als vor 1938, Tendenz langsam steigend.

    Hanno Loewy, Freitag, 27. Juli 2012