6.Oktober 2012
Für was ist die Mikwe?

Leni Rothmund

  • Die Mikwe dient der rituellen Reinigung. Früher gehörte zu jeder jüdischen Gemeinde ein rituelles Tauchbad. Die Mikwe dient nicht der Hygiene, mit dem Untertauchen soll nicht Sauberkeit, sondern die rituelle Reinheit hergestellt werden. Als rituell unrein gelten nach jüdischer Tradition zum Beispiel Tote. Wer mit einem Toten in Berührung kommt, wird dadurch unrein und musste, zur Zeit des Tempels in Jerusalem, sich von dieser Unreinheit reinigen. Auch gewisse Körperflüssigkeiten verursachen Unreinheit. Im orthodoxen Judentum ist der Besuch der Mikwe vorgeschrieben, wenn eine verheiratete Frau ihre Menstruation oder eine Entbindung hinter sich hat. Den ersten Besuch in der Mikwe absolviert die Frau als Braut, meistens am Vorabend des Hochzeitstages. Der Besuch des Ritualbades begleitet auch andere Übergangsriten wie beispielsweise eine Konversion. Daneben erfüllt die Mikwe in orthodoxen Familien auch in einem anderen Kontext eine religiöse Funktion: neues Geschirr wird vor dem ersten Gebrauch untergetaucht.
    Im Jüdischen Museum Hohenems gab es vom 9. März – 3. Oktober 2010 unter dem Titel GANZ REIN! eine Ausstellung zur Mikwe in der Gegenwart:

    Jüdische Ritualbäder – Fotografien von Peter Seidel
    Das Mikwen Projekt – Janice Rubin und Leah Lax
    Radio Mikwe

    Eine Ausstellung des Jüdischen Museums Hohenems,in Zusammenarbeit mit den Jüdischen Museen Frankfurt am Main, Fürth und Wien

    In Hohenems ist das älteste jüdische Ritualbad in Österreich erhalten. Anlässlich der Restaurierung dieses Baudenkmals zeigt das Jüdische Museum Hohenems Einblicke in einen intimen Bereich jüdischen Lebens, zwischen religiöser Tradition und weltlichen Aufbrüchen.
    Mit der Sonderausstellung „Ganz rein!“ eröffnet das Museum eine Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Sexualität und Ehe, Geschlechterrollen und Religion, mit Vorstellungen von Reinheit und Unreinheit, Fragen die auch in der Gegenwart Konflikte hervorrufen, in allen Religionen.
    Die Ausstellung geht der historischen Tiefendimension jener Reinigungsrituale nach, die vom Judentum bis zum Ritual der Taufe reichen, und thematisiert die Renaissance der Mikwe im Zeichen einer umstrittenen neuen jüdischen Spiritualität.
    Architekturstudien europäischer Mikwen des Frankfurter Fotografen Peter Seidel zeigen die Vielfalt der Bauformen durch die Jahrhunderte, und das Mikvah-Project der amerikanischen Künstlerinnen Janice Rubin und Leah Lax porträtiert Frauen in der Mikwe und ihr sehr persönliches Verhältnis zu diesem alten Ritual.
    Parallel dazu ist Radio Mikwe – das neue Internet-Radio des Jüdischen Museums Hohenems – online gegangen: täglich von 9 bis 20 Uhr. (Ende: 7.3.2011)

    Melissa Dettling, Dienstag, 16. Oktober 2012