26.Juli 2012
Was macht man nach einer rituellen Beschneidung in der Synagoge am 8. Tag nach der Geburt eigentlich mit der Vorhaut?
Johannes
Es gibt kein Gesetz, wohl aber Traditionen, was mit der abgeschnittenen Vorhaut geschieht: Zumeist wird sie begraben, entweder mit Erde oder Sand bedeckt. Eine andere Tradition ist, sie den Eltern in einem Beutel zu übergeben, die jenen dann beispielsweise unter einem neugebauten Haus oder auch neu angepflanzten Baum in ihrem Garten vergraben.
Eine bestimmte Vorhaut wurde allerdings angeblich nicht begraben, sondern hat sich wundersamerweise sogar multipliziert: Die Vorhaut Jesu.
Da dieses Stück seines Körpers bei seiner Himmelfahrt nicht dabei gewesen sein kann, haben zahlreiche Christen danach gesucht. Schließlich handelte es sich um die kostbarste Reliquie der Christenheit überhaupt.
Angesichts des Phänomens, dass solche Reliquien oft an mehreren Orten gleichzeitig aufgehoben werden, wundert es nicht, dass auch die Vorhaut Jesu mehrfach vorhanden ist und als Reliquie verehrt wird.
Allein in Frankreich rühmten sich offenbar zwölf Orte des exklusiven Besitzes des heiligen Präputiums – und versuchten mit dieser Attraktion ihren Fremdenverkehr anzukurbeln. Am Bekanntesten ist das praeputium dominum von Charroux (südlich von Poitiers), das sich Heinrich V.
zur magischen Beförderung der Geburt seines Thronfolgers dort auslieh und zeitweise nach London übersandte.
Rang zwei nimmt wohl das im Lateran in Rom aufbewahrte Exemplar ein. Die heilige Katharina soll das praeputium sanctum oder praeputium dominum (das allerdings unsichtbar sei, nur dem wahrhaft Frommen erkennbar) sogar am Ringfinger getragen haben; als ‘Verlobungsring’, auf den sie als Braut Christi Anspruch hatte. Nach ihrem Tode schnitt man ihren Finger samt ‘Schmuck’ ab und hatte so eine partiell unsichtbare Doppelreliquie.
Soviel zu dem Verbleib von Vorhäuten.
Hanno Loewy, Freitag, 27. Juli 2012