16.Juni 2012
Sind die Vorurteile gegenüber den Juden (geschäftstüchtig, lange Nase, Beschneidung) vor allem hier in Mitteleuropa?
Sabine
Die meisten dieser Vorurteile haben ihre Wurzeln wohl in der europäischen Geschichte, und damit auch in der christlichen Tradition der Abgrenzung vom Judentum.
Die Vorstellung einer “jüdischen Nase” diente natürlich dazu, sie als Fremde in Europa auch körperlich als “anders” zu markieren (ganz gleich, wie ihre Nase wirklich aussah). Die “Geschäftstüchtigkeit” war leicht zu beweisen: da Juden in Europa nur im Handel arbeiten durften, blieb ihnen kaum etwas anderes übrig, als zu versuchen auf diesem Feld tüchtig zu sein. Wem das gelang, wurde als Beweis für das Vorurteil hergenommen, wem das nicht gelang (wer also nicht so tüchtig war) der wurde natürlich auch nicht wahrgenommen.
Heute findet man solche Bilder aber in aller Welt, nicht zuletzt überall da, wo politische Kräfte mit diesen Vorurteilen eigene Ziele befördern können. Viele traditionelle christliche Vorurteile gegenüber Juden sind heute in arabischen Ländern sehr verbreitet, wo heute nur wenige Juden leben und eigentlich eher die Existenz Israels für Streit sorgt. Dort blühen natürlich vor allem Verschwörungstheorien über die geheime Macht. Die Nasenform ist da kein Thema, und schon gar nicht die Beschneidung. Die haben Juden und Muslime ja gemeinsam.
Hanno Loewy, Donnerstag, 21. Juni 2012